Ehrgeizige Bauarbeiten
Es ist ein Ereignis, um das so mancher Ort das einst bei gekrönten Häuptern beliebte Seebad beneidet. Immerhin steht Biarritz am kommenden Wochenende im Fokus der Weltöffentlichkeit, wenn sich dort die Staatsoberhäupter und Regierungschefs der sieben wichtigsten Industriestaaten treffen. Eine bessere Werbung für die Kleinstadt könnten sich die fast 25 000 Einwohner des Städtchens nicht wünschen. Eigentlich. Denn die Einzelhändler aus Biarritz sind besorgt. “Ils râlent”, sie meckern, würde man in Frankreich sagen. Dies ist eine der typischen Eigenschaften, die sich viele Franzosen selber zuschreiben.”Wir werden eine Woche Arbeit verlieren”, beklagt die Besitzerin einer Modeboutique in Biarritz. Wie andere Einzelhändler fürchtet sie, dass der Badeort in den nächsten Tagen gespenstisch leer sein wird. Denn aus Sicherheitsgründen wird die Hälfte der Stadt für den G7-Gipfel abgesperrt. Nur Anwohner und Teilnehmer der Veranstaltung werden Zugang zu dem Hochsicherheitsbereich haben.Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Einige Einzelhändler werden deshalb bereits Mitte der Woche ihre Läden schließen. Italiens Premier Giuseppe Conte werde andere Dinge zu tun haben, als Postkarten zu kaufen, und Kanzlerin Angela Merkel werde sicherlich nicht ein einfaches Sandwich als Mittagessen kaufen, meint der Inhaber eines Andenkenladens. “Sie machen das mitten im August, in der Hochsaison, wenn die meisten Gäste hier sind”, kritisiert ein anderer Geschäftsmann. “Sie hätten das zwei Wochen später im September machen sollen – das wäre für uns alle besser gewesen.” *Deutlich mehr Grund zur Besorgnis haben die Einzelhändler in der Nähe der Mitte April bei einem Brand schwer beschädigten Kathedrale Notre-Dame in Paris. Nach dem Feuer waren die umliegenden Straßen zunächst gesperrt, so dass Touristen und damit wichtige Einnahmen ausblieben. Wirtschaftsminister Bruno Le Maire hatte deshalb bereits Ende Juni Hilfen in Höhe von 350 000 Euro für kleine Läden in der Nähe von Notre-Dame mit einem Umsatz von weniger als 1 Mill. Euro pro Jahr angekündigt. Doch inzwischen plagen die Ladenbesitzer dort noch viel ernsthaftere Sorgen, da nach dem verheerenden Feuer rund um die Kathedrale erhöhte Bleiwerte gemessen wurden und Umweltschützer den Behörden vorwerfen, die Gesundheitsgefahr dadurch zunächst vertuscht zu haben.Die Arbeitsschutzbehörde ordnete erst Ende Juli einen Baustopp an der gotischen Kirche an, um die Sicherheitsvorkehrungen für die Arbeiter zu verstärken. Seitdem wurden Plätze, Schulen und Kindergärten gründlich gereinigt. Die Behörden schließen eine Bleivergiftung der Anwohner aus, und die Bauarbeiten an der Kathedrale wurden wieder aufgenommen. Ob und wie Notre-Dame zu retten ist, wird sich erst in den kommenden Monaten zeigen. Denn die Einsturzgefahr ist nach Angaben des Kulturministeriums noch immer nicht gebannt. Deshalb gehen nun zunächst Sicherungsarbeiten weiter, bevor im nächsten Jahr die eigentliche Renovierung beginnen kann. Präsident Emmanuel Macron hatte kurz nach dem Brand versprochen, dass Notre-Dame in fünf Jahren wieder aufgebaut sein werde.Sollte dieser ehrgeizige Zeitplan tatsächlich eingehalten werden, wäre er pünktlich zu den Olympischen Spielen im Sommer 2024 fertig. Ebenfalls bis dahin fertiggestellt werden soll zumindest ein Teil der im Rahmen des sogenannten Grand Paris Express geplanten neuen Metronetzes. Die dafür gegründete Entwicklungsgesellschaft preist das Vorhaben auf ihrer Internetseite als das größte städtebauliche Projekt Europas. Immerhin sollen bis 2030 205 Kilometer an neuen Metrostrecken und 68 neue U-Bahn-Stationen entstehen. Statt der ursprünglich anvisierten 19 Mrd. Euro dürfte das Projekt 35 Mrd. Euro kosten. Bis 2024 soll die Metrolinie 14 im Norden bis zum geplanten olympischen Dorf in Saint-Denis und im Süden bis zum Flughafen Orly verlängert werden. Das Teilstück der künftigen Linie 17 vom Stadtzentrum bis zum für die Olympischen Spiele in Le Bourget vorgesehenen Pressezentrum soll ebenfalls fertig werden, der Rest der vier neuen Metrolinien erst bis 2030.