Ein erstes Ja der Schweiz zur "Lex USA"
dz Zürich – Die “Lex USA”, das dringliche Bundesgesetz, unter dem die Schweizer Regierung dem amerikanischen Justizdepartment umfangreiche Datenbestände über Bankmitarbeiter, Anwälte, Treuhänder und nicht zuletzt auch über mutmaßliche amerikanische Steuerflüchtlinge mit Schweizer Bankkonten liefern will, ist gestern von der kleinen Parlamentskammer überraschend deutlich mit 24:15 Stimmen bei 2 Enthaltungen angenommen worden.Das Gesetz ist in der Öffentlichkeit und in der Politik heftig umstritten, weil es die Datenlieferungen auf Druck der USA am geltenden Datenschutzgesetz und Strafrecht vorbei möglich machen soll. Für die USA sind die Datenlieferungen integraler Bestandteil des Angebots, mit dem sich Banken, die sich nach eigenem Ermessen der Beihilfe zum Steuerbetrug schuldig gemacht haben könnten, den Schuldablass erkaufen können. Informationen über die Höhe der Bußen, die unter dem Angebot zur Anwendung gelangen könnten, wollen die Amerikaner erst bekannt geben, wenn das Parlament dem dringlichen Bundesgesetz endgültig zugestimmt hat. Die Rede ist von einer Summe zwischen 7 und 10 Mrd. sfr.Die Sozialdemokraten (SP) und die Schweizerische Volkspartei (SVP), die beiden größten Parteien im Land, hatten sich umgehend gegen das Gesetz ausgesprochen, nachdem es von Finanzministerin Eveline Widmer-Schlumpf vor zwei Wochen präsentiert worden war. Auch die Freisinnig-Demokratische Partei (FDP), die mit SP und SVP in der Regierungsverantwortung steht, will das Gesetz nicht gutheißen.Streng bezogen auf die Parteienvertretung hätte die kleine Kammer das Gesetz gestern mit 28 zu 18 Stimmen ablehnen müssen. Dass die Abstimmung trotzdem umgekehrt herauskam, ist mit den insgesamt zehn erfolgreichen Änderungsanträgen zu erklären, die das Gesetz für einzelne Abgeordnete mit spezifischen Interessen annehmbarer machten. So soll den Treuhändern, Anwälten und unabhängigen Vermögensverwaltern nun doch ein Widerspruchsrecht gegen Datenlieferungen eingeräumt werden. Ferner sollen Banken, die auf sogenannten Abschleicher-Listen auftauchen, benachrichtigt werden.Vor der Abstimmung hatte Finanzministerin Widmer-Schlumpf den Abgeordneten eindringlich ins Gewissen geredet. Die Ministerin warnte vor immanenten Strafklagen gegen Banken, falls das Gesetz nicht angenommen werde. Der Volkswirtschaft drohten “enorme Gefahren”. Ob das Gesetz tatsächlich angenommen wird, entscheidet am kommenden Dienstag die große Kammer. Dort dürfte das Ergebnis knapper ausfallen, weil die Abgeordneten ihren Parteien stärker verpflichtet sind.