Ein Kosmopolit als US-Außenminister
Von Peter De Thier, WashingtonDass ihm in der Regierung des neu gewählten Präsidenten Joe Biden eine Schlüsselrolle zukommen würde, war von vornherein klar. Nun scheint aber festzustehen, dass der Karrierediplomat Antony Blinken (58) seinen Traumjob als US-Außenminister bekommen wird. Aufatmen können vor allem europäische Verbündete. Schließlich gilt der Weltbürger, der nach seinem Jurastudium an den renommierten Universitäten Harvard und Columbia unter anderem in New York und Paris arbeitete, als energischer Verfechter globaler Allianzen. Beziehungen zur Nato kittenAls eine seiner vorrangigen Aufgaben betrachtet er, die lädierten Beziehungen zu Nato-Partnern zu kitten, die während knapp vier Jahren unter Präsident Donald Trump großen Schaden genommen haben. Auch wird Blinken, dessen Bestätigung durch den Senat als sicher gilt, selbst wenn dieser in republikanischer Hand bleibt, prompt die Rückkehr der USA zum Pariser Klimaabkommen einfädeln, das Nuklearabkommen mit dem Iran wiederbeleben und die Pläne des amtierenden Präsidenten Donald Trump, aus der Weltgesundheitsorganisation (WHO) auszutreten, stoppen.Begonnen hatte die politische Karriere von Bidens langjährigem Weggefährten in den Neunzigern. Der damalige Präsident Bill Clinton hatte Blinken in seinen Nationalen Sicherheitsstab berufen. Dort war er unter anderem für europäische Angelegenheiten zuständig und schrieb die außenpolitischen Reden des Präsidenten. Danach holte Biden, der damals den auswärtigen Ausschuss des Senats leitete, Blinken als Stabschef in seine Mannschaft. Zusammenarbeit mit Biden Sechs Jahre der nahtlosen Zusammenarbeit mit dem früheren Senator gepaart mit seiner internationalen Erfahrung und diplomatischem Geschick ermöglichten Blinken dann nach der historischen Wahl Obamas erneut den Sprung ins Weiße Haus. Dort beriet er zunächst den neuen Vizepräsidenten Biden in Fragen der Nationalen Sicherheit. Von seinem profunden Verständnis der transatlantischen Beziehungen beeindruckt ernannte ihn Obama 2013 zum stellvertretenden Sicherheitsberater und zwei Jahre danach zum stellvertretenden Außenminister.Bei einigen seiner wichtigsten sicherheitspolitischen Entscheidungen hörte der Präsident auf den Rat des routinierten Diplomaten. So spielte Blinken eine Rolle bei der Razzia in Abbottabad, die mit der Tötung des Al-Qaida-Chefs Osama bin Laden endete. Dass Obama den Plan tatsächlich umsetzte, beschrieb Blinken seinerzeit als “die mutigste Entscheidung, die ich von einem Regierungschef jemals erlebt habe”. Auch war er einer der Co-Architekten von Obamas Kurs gegenüber Syrien, der heftig kritisiert wurde, weil das Weiße Haus sich weigerte, härter gegen das Regime von Baschar al-Assad vorzugehen, nachdem dieser Giftgas gegen Zivilisten eingesetzt hatte.Zudem mischte Blinken in der Russland-Politik mit und plädierte nach der Annexion der Krim für umfassende Sanktionen gegen Moskau und Präsident Wladimir Putins Oligarchen. Nach Trumps Wahlsieg vor vier Jahren wechselte der Jurist in den Privatsektor. Unter anderem als Investmentbanker und Mitbegründer der Consulting-Firma Westec Advisors, die Unternehmen zu den Folgen geopolitischer Unruhen für ihr Geschäft berät.