FINANZMINISTER BEREITEN REFORM DER EUROZONE VOR

Ein noch breiterer Rettungsschirm

Ein Währungsfonds wird der ESM zwar nicht, aber für die Krisenbewältigung im Euroraum wichtiger denn je

Ein noch breiterer Rettungsschirm

Am Montag debattiert die Eurogruppe ein Reformpaket für die Währungsunion, das von den Staats- und Regierungschefs auf dem nächsten EU-Gipfel abgesegnet werden soll. Im Zentrum stehen dabei eine Stärkung des Eurorettungsschirms ESM, Beschlüsse zur Bankenunion sowie ein Eurozonen-Budget.Von Andreas Heitker, BrüsselSechs Jahre nach seiner Gründung soll der Europäische Stabilitätsmechanismus (ESM) eine stärkere Rolle in der Wirtschafts- und Währungsunion erhalten. Gleich an mehreren Stellen sollen die Kompetenzen des Eurorettungsschirms neu justiert werden. Zudem soll er die Zuständigkeit für die Letztsicherung des europäischen Bankenabwicklungsfonds (SRF) erhalten. Nach monatelangen Verhandlungen will die Eurogruppe auf ihrer Sitzung am Montag ein entsprechendes Reformpaket schnüren. Ob dann allerdings tatsächlich alle umstrittenen Punkte abgeräumt werden, gilt noch als unsicher. Nötig würden auf jeden Fall Änderungen im ESM-Vertrag, die durch die 19 Euro-Staaten zu ratifizieren wären. Experten schätzen, dass allein dieser Prozess ein bis eineinhalb Jahre in Anspruch nehmen wird.Unstrittig in der Diskussion ist, dass der SRF-Backstop, der ein Volumen von rund 60 Mrd. Euro erhalten soll, an den Stabilitätsmechanismus angedockt wird. Dies hatten die Staats- und Regierungschefs der EU schon im Sommer beschlossen. Das technische Problem, dass in der Bankenabwicklung üblicherweise schnelle Entscheidungen nötig sind, im Rahmen des ESM aber auch einige nationale Parlamente der Freigabe der Gelder zustimmen müssen, wurde in der Zwischenzeit gelöst: Hier müssen nun die einzelnen Euro-Staaten selbst dafür Sorge tragen, dass eine rasche Entscheidungsfindung möglich ist.Politisch ist dagegen bisher noch nicht so recht gelöst, ob der Backstop auch schon vor 2024 aktiviert werden soll. Erst dann ist nämlich der SRF komplett aufgefüllt. Einige Länder – darunter auch Deutschland – wollen ein früheres Datum nur bei weiteren Risikosenkungen im Bankensektor akzeptieren.Auch bei der Überprüfung des künftigen Instrumentenkastens des Eurorettungsschirms hat es in den jüngsten Treffen der Eurogruppe noch keine Übereinkunft gegeben. Neben Deutschland tritt seit einigen Monaten vor allem die Nordallianz, die sogenannte “neue Hanse”, zu der die Skandinavier, Balten und Iren gehören und die von den Niederlanden angeführt wird, auf die Bremse, sobald Schritte für eine Vertiefung der Währungsunion oder mehr Risikoteilung auf der Agenda stehen.Unstrittig ist, dass im Instrumentenkasten des ESM die Möglichkeit der direkten Bankenrekapitalisierung gestrichen wird. Diese Option ist unnötig geworden, da es heute ja sowohl eine Bankenabwicklungsrichtlinie (BRRD) als auch eine entsprechende Behörde (SRB) gibt. Unklar ist aber weiter, was mit den vorbeugenden Kreditlinien des ESM geschieht, die ebenfalls noch nie genutzt wurden. Diese Linien sind für Euro-Länder gedacht, die sich in kleineren Krisen befinden, aus denen sie sich aber noch aus eigener Kraft wieder befreien könnten. Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat eine ähnliche Kreditlinie bereits einige Male vergeben – und in allen Fällen wurde im Endeffekt kein Geld ausgezahlt. Allein der Versicherungseffekt reichte aus, um die Märkte zu beruhigen.Einige Euro-Staaten plädieren daher nun für eine Lockerung der Zugangskriterien zu diesen vorbeugenden Hilfen des ESM, die dann auch nur relativ kurz (drei bis fünf Jahre) gewährt würden. Trotz einiger Fortschritte in den Diskussionen ist dies anderen Ländern aber nach wie vor schwer vermittelbar. Kooperation mit KommissionAls weitgehend unkritisch gilt dagegen der neue Rahmen für eine Zusammenarbeit mit der EU-Kommission. Bei jedem künftigen Hilfsprogramm werden beide Organisationen gemeinsam die Konditionen festlegen, beide das entsprechende Memorandum of Understanding unterschreiben und gemeinsam Schuldentragfähigkeitsanalysen anfertigen. Sollte es hier keine Einigung geben, würde der ESM eine eigene “Rückzahlungsfähigkeitsanalyse” vorlegen. Auch soll der ESM außerhalb von Krisenzeiten stärker in die Analyse eingebunden werden und dafür auch sein Personal aufstocken. Bisher beobachten die Luxemburger über ihr Frühwarnsystem ja lediglich ihre Programmstaaten sowie die großen Euro-Länder.Einige Länder wie Deutschland, die Niederlande oder Finnland hätten sich eine noch stärkere Rolle des ESM gewünscht, die aber auch mit Blick auf die EU-Verträge kaum durchsetzbar wäre. Klar ist zudem: Eine Umbenennung des Stabilitätsmechanismus in “Europäischen Währungsfonds” wird es nicht geben. Solche Pläne waren sowohl beim IWF als auch in der EZB auf Ablehnung gestoßen.