BREXIT: TRICK OR TREAT

Ein weiteres halbes Jahr für die Briten

Schwierige Kompromisssuche auf EU-Gipfel - Harter Brexit noch nicht endgültig vom Tisch

Ein weiteres halbes Jahr für die Briten

Die EU-Regierungschefs haben sich auf eine erneute Brexit-Verlängerung bis zum 31. Oktober geeinigt. Allerdings kann London die Zeit flexibel handhaben und auch schon früher aus der EU austreten. Großbritannien muss an der Europawahl teilnehmen – sollte das Austrittsabkommen bis dahin nicht ratifiziert sein.ahe Brüssel – Nach achtstündigem Ringen haben sich die Staats- und Regierungschefs der EU-27 auf eine weitere Brexit-Verlängerung verständigt. Großbritannien kann damit bis zum 31. Oktober flexibel entscheiden, wann das Land die Europäische Union verlässt. Sollte es keine Ratifizierung des Austrittsabkommens bis zum 22. Mai geben, müsste Großbritannien an der Europawahl teilnehmen. Sollte London dies nicht tun, würde doch noch ein harter Brexit drohen: Dann wäre der Austrittstermin der 1. Juni.In den kommenden sechs Monaten liege damit alles in den Händen des Vereinigten Königreiches, sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk nach dem Sondergipfel in Brüssel. “Bitte verschwenden Sie diese Zeit nicht”, betonte er in Richtung London. Eine Änderung des Austrittsvertrags schloss Tusk erneut aus. Sollte es eine Einigung innerhalb der britischen Politik geben, könne aber die politische Erklärung über die künftigen Beziehungen noch angepasst werden. Auf dem turnusmäßigen EU-Gipfel im Juni soll eine weitere Zwischenbilanz des Brexit-Prozesses gezogen werden. Eine neuerliche Verlängerung der Frist steht dann allerdings nicht auf der Agenda. Widerstand von MacronDer Sondergipfel dauerte deutlich länger und gestaltete sich schwieriger als erwartet, da vor allem Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron eine Verlängerung um neun Monate oder gar ein Jahr nicht mittragen wollte. Dieser hatte in der stundenlangen Debatte mit den Spitzen der anderen EU-Länder seinen Widerstand mit den Gefahren für die EU-Institutionen und die Europawahl begründet. Auch einige andere Regierungschefs plädierten für eine kürzere Verschiebung. Am Ende sprach allerdings auch Macron von einem guten Kompromiss. Man habe die Einheit der EU-27 gewahrt. Zugleich werde die Funktionsweise der EU-Institutionen nun nicht beeinträchtigt.Bundeskanzlerin Angela Merkel zeigte sich nach dem Gipfel ebenfalls zufrieden: “Um gerade auch den britischen Entscheidungsmöglichkeiten Raum zu geben, ist es eine gute Entscheidung, die wir heute getroffen haben”, sagte sie. Es gehe darum, dass das dreimal vom britischen Parlament bereits abgelehnte Austrittsabkommen irgendwann doch noch angenommen werde. “Da kommt es auf den Tag aus unserer Sicht auch nicht an.”Aus dem Europaparlament kamen hauptsächlich positive Reaktionen auf die Gipfelbeschlüsse. Der Vorsitzende der sozialdemokratischen Fraktion, Udo Bullmann, erklärte, die EU-27 habe in einer historischen Frage jene Verantwortung gezeigt, die Theresa May in den vergangenen Monaten mit ihrer sturen, auf Parteipolitik fixierten Verhandlungsstrategie habe vermissen lassen.Und der EVP-Spitzenkandidat für die Europawahl, Manfred Weber, schrieb auf Twitter, Europa habe einmal mehr Geduld und Einigkeit gezeigt, um einen schädigenden Brexit zu verhindern. Er hoffe noch immer, dass es vor der Europawahl im Mai zum EU-Austritt der Briten komme. Reinhard Bütikofer von den Grünen erklärte, der Gipfel habe verhindert, dass das britische Chaos sich durch einen völlig unvorbereiteten und wirtschaftlich verheerenden Kurzschluss noch vervielfache.