Ein (zu) hoher Preis
Heute vor sieben Jahren hat EZB-Präsident Mario Draghi in seiner berühmten “Whatever it takes”-Rede versprochen, alles zu tun, was nötig ist, um den Euro zu schützen – versehen mit dem Zusatz: “Und glauben Sie mir, es wird reichen.” Gestern nun hat Draghi quasi in Analogie zu damals versprochen, alles zu tun, was nötig ist, um das 2-Prozent-Inflationsziel der EZB zu erreichen. Nun aber sind erhebliche Zweifel angebracht, ob es reichen wird. Wichtiger aber noch, weil bedenklicher: Der Preis droht (zu) hoch zu sein.Draghi hat gestern de facto für September ein umfangreiches Lockerungspaket angekündigt. Neben einer weiteren Schärfung des Zinsausblicks (Forward Guidance) und einer neuerlichen Zinssenkung dürfte das auch die Neuauflage breiter Wertpapierkäufe (Quantitative Easing, QE) umfassen. Der geldpolitische Ausnahmezustand wird so zementiert und die geldpolitische Normalisierung auf den Sankt-Nimmerleins-Tag vertagt.Nun ist unbestritten, dass es um die Euro-Wirtschaft nicht zum Besten bestellt ist. Der neuerliche deutliche Rückgang beim Ifo-Geschäftsklima hat das gestern klar dokumentiert. Für Schwarzmalerei und eine Geldpolitik im Weltfinanzkrisen- oder Deflationsverhinderungsmodus besteht aber kein Anlass. Die EZB muss auch aufpassen, nicht selbst mit zu düsteren Worten zu Attentismus beim Konsum und den Investitionen beizutragen.Vor allem aber stößt die EZB auch längst an Grenzen. Bei Null- und Negativzinsen und einer auf rund 40 % des Euroland-Bruttoinlandsprodukts (BIP) aufgeblähten Notenbankbilanz ist der realwirtschaftliche Nutzen weiterer Zinssenkungen und neuer Wertpapierkäufe mehr als fraglich. Draghi & Co argumentieren, dass die EZB bei einem Verfehlen des Inflationsziels nicht die Hände in den Schoß legen könne. Aber es macht auch keinen Sinn, kurzfristig verzweifelt einem Inflationsziel hinterherzuhecheln mittels Maßnahmen, die mittel- und langfristig enorme Risiken bergen – für die Finanzstabilität wie das Wachstum.Wichtiger als noch billigeres Geld ist jetzt eine Lösung der globalen Handelskonflikte und ein entschlossenerer Einsatz der Fiskalpolitik – wo nötig und möglich. Der Widerstand in Berlin gegen mehr öffentliche Investitionen ist da genauso frustrierend wie die Minimalstkompromisse beim Eurozonen-Budget.