Eine Französin soll EZB-Chefaufseherin werden
Von Gesche Wüpper, ParisDie Französin Danièle Nouy gilt als Favoritin für die Leitung der künftigen europäischen Bankenaufsicht bei der Europäischen Zentralbank (EZB). Denn nach Angaben von Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker soll eine “französische Repräsentantin” an der Spitze der neuen Behörde ernannt werden, die im März 2014 ihre Arbeit aufnehmen soll. Er sei für eine weibliche Vertreterin, erklärte Juncker am Donnerstag. “So wird es sein. Und sie wird Französin sein.” Darauf hätten sich die Euro-Länder bereits informell geeinigt.Einen Namen nannte Juncker zwar nicht, doch in Brüssel und Paris werden Nouy, die derzeit Generalsekretärin der Bankenaufsichtsbehörde der Banque de France ist, die größten Chancen auf den Posten eingeräumt. Immerhin verfügt die 62-Jährige über langjährige Erfahrungen in der internationalen Bankenaufsichts- und -regulierungsszene.Paris hat es bereits in der Vergangenheit geschickt verstanden, bei wichtigen Organisationen Personalpolitik zu betreiben. So steht mit Christine Lagarde, der Chefin des Internationalen Währungsfonds, bereits eine Französin an der Spitze einer internationalen Institution.Nouy, die in der Vergangenheit bereits als Kandidatin für das Direktorium der EZB gehandelt wurde, bringt die für den Spitzenposten erforderlichen Qualifikationen klar mit. Die gebürtige Bretonin begann nach dem Jurastudium und einem Abschluss am renommierten Pariser Institut d’ètudes Politiques (“Sciences Po”) 1974 bei der französischen Notenbank, wo sie die meiste Zeit für die Bankenkommission arbeitete. Ihre ersten internationalen Erfahrungen sammelte die Mutter von zwei Töchtern 1985/86 als Vertreterin der Banque de France in New York. Von 1996 bis 2003 arbeitete sie für den Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht in der Schweiz, zunächst als stellvertretende Generalsekretärin, dann als Generalsekretärin. Später stand sie von 2006 bis 2008 dem Committee of European Banking Supervisors (CEBS) vor, dem Vorläufer der europäischen Bankenaufsicht EBA in London.Als Nouy einmal gefragt wurde, was sie während ihrer Karriere am meisten geprägt habe, gab sie denn auch nicht die Lehman-Brothers-Pleite oder die durch den Skandaltrader Jérôme Kerviel ausgelöste Affäre bei der Société Générale an. “Das Internationale, das ist für mich die zweitwichtigste Droge nach Kaffee”, antwortete sie der Wirtschaftszeitung “Les Echos”. So ist es auch ihr zu verdanken, dass sich die französische Bankenkommission nach außen öffnete. So führte Nouy ein, dass Vertreter von ausländischen Regulierungsbehörden an Seminaren ihrer Behörde teilnehmen konnten. Man sei so schrittweise dazu übergegangen, Europa nicht mehr als internationalen, sondern als heimischen Markt zu betrachten, sagt sie. Abseits des RampenlichtsNouy, die nicht im Rampenlicht der Öffentlichkeit steht, obwohl sie als erste Frau an die Spitze der französischen Bankenkommission aufrückte, gilt als Arbeitstier. Alles sei eine Frage der Organisation, erklärte sie einmal. Da ist es nicht weiter verwunderlich, dass ihr Motto lautet: “Verschiebe nichts auf morgen, was Du heute kannst besorgen.” Als Frau sei es für sie in ihrem Beruf nicht schwieriger gewesen, findet sie. Höchstens etwas anders. “Wenn Sie in einer Gruppe von 20 Personen die einzige Frau sind, werden Sie schneller beachtet”, sagte sie “Les Echos”.