Moskau

Eine neue Jacht zum Internationalen Frauentag

Um Russlands Reiche ist es in den vergangenen Jahren etwas ruhiger geworden. Die Zeit der Rohstoff-Hausse der Nullerjahre, in denen sie in aller Munde waren, ist doch schon etwas her. Damals waren sie am Anfang ungehalten darüber, dass sie ständig...

Eine neue Jacht zum Internationalen Frauentag

Um Russlands Reiche ist es in den vergangenen Jahren etwas ruhiger geworden. Die Zeit der Rohstoff-Hausse der Nullerjahre, in denen sie in aller Munde waren, ist doch schon etwas her. Damals waren sie am Anfang ungehalten darüber, dass sie ständig in den Milliardärsrankings thematisiert wurden, weshalb sie auch ständig betonten, eigentlich viel weniger zu haben, um nicht Begehrlichkeiten im Kreml zu wecken. Schließlich aber fanden sie Gefallen daran, weshalb – so erzählten es Redaktionsmitglieder – der eine oder andere in der Forbes-Redaktion anrief und sich beschwerte, zu niedrig taxiert zu sein. Die Listen existieren weiter, aber das Land hat infolge der westlichen Sanktionen, des Ölpreisverfalls und der Corona-Pandemie andere Sorgen, weshalb die Thematisierung des Reichtums nicht so passend ist.

Vor diesem Hintergrund tauchte aber just dieser Tage eine pikante Episode wie aus alten Zeiten auf, enthüllt vom besagten Forbes-Magazin: In der deutschen Lloyd Werft Bremerhaven wird gerade eine neue Jacht für den russischen Milliardär Roman Abramowitsch gebaut. Nach sechs Jahren Bauzeit soll sie nun vom Stapel laufen. 145 Meter lang ist sie mit Namen Solaris. Zu den Details der Ausstattung gehört ein Hubschrauberlandeplatz – zwei Hubschrauber sollten bei Airbus schon bestellt sein.

Abramowitsch seinerseits ist Besitzer des britischen Fußballclubs Chelsea, Großaktionär des russischen Stahlkonzerns Evraz und mit 11,3 Mrd. Dollar geschätztem Vermögen Nummer zehn in Russland. So wie später immer mehr reiche Russen ging Abramowitsch schon früh nach London, bekam zwischenzeitlich dort aber Schwierigkeiten, weil die Behörden begannen sich die Herkunft russischer Gelder genauer anzusehen.

Die neue Jacht jedenfalls löst Abramowitschs alte namens Luna ab, die er an den russischen Investor Farchad Achmedow verkaufte. Sie ist nur 115 Meter lang, Achmedow mit geschätzt 1,4 Mrd. Dollar allerdings auch nicht so reich wie Abramowitsch. Abramowitschs neue Solaris aber soll der letzte Schrei sein. Selbst Königsfamilien aus dem Nahen Osten könnten da nicht mithalten, heißt es im Bericht.

Soweit die Sensation. Denn eine Jacht als Spielzeug halten sich viele reiche Russen nach wie vor. Interessant sind unter anderem die Namen. Abramowitschs Solaris und Eclipse, ja auch seine Luna nehmen Anleihen in der Astronomie oder in Science Fiction. Sie werden in sachlicher Nüchternheit nur von jener Jacht getoppt, die Michail Prochorow zugeschrieben wird. Sie heißt „Palladium“, denn Prochorow war lange Großaktionär des russischen Konzerns Norilsk Nickel, dem weltweit größten Palladiumproduzenten.

Bei den anderen Milliardären wird’s exotischer. Die von Wladimir Putins Intimus Arkadi Rotenberg heißt Rahil, was im Arabischen „der Reisende“ bedeutet. Eine andere trägt den männlichen Vornamen Dilbar, was Liebhaber heißt. Bei vielen geht’s ins Weibliche: „Barbara“, „Anna“ oder „Madame GU“.

Farchad Achmedow übrigens, der Käufer von Abramowitschs „Luna“, hat sich 2016 nach einem Londoner Gerichtsurteil geweigert, die geforderten 453 Mio. Pfund an seine Ex-Frau auszuzahlen. Das Argument: Die britischen Gerichte würden immer Partei für die Frauen ergreifen, besonders für Frauen reicher Männer, damit diese ehemaligen Reichengattinnen das gerichtlich erstrittene Vermögen in Großbritannien ausgeben.

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Was sich sonst noch in Russland tut? Am 8. März, dem in Russland wichtigen Internationalen Frauentag, wird es wieder Blumen regnen. Vermutlich auch bei meinen alten Bekannten, einem Pärchen Ende 50. Warum sie mir hier als Vertreter des nicht reichen russischen Bevölkerungssegments einfallen? Weil sich die Frau im Januar mit Sputnik V gegen Covid-19 impfen ließ. Die Reaktion auf den russischen Impfstoff war heftig, wiewohl nicht außergewöhnlich. Eine Schwäche überkam sie, sodass sie schwer vom Bett aufkam, schlecht war ihr, und die Temperatur stieg auf 37 Grad. Nach vier Stunden war alles gut überstanden. Ihr Mann ließ sich erst einen Monat später impfen. Er wollte erst einmal warten und sehen, wie das Ganze bei seiner Frau wirkt, sagte er.

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