Eine Zinssenkung, die enttäuscht
Die US-Notenbank hat wie auch im Juli den Leitzins um 25 Basispunkte herabgesetzt. Die Entscheidung stieß sowohl bei US-Präsident Donald Trump auf Kritik als auch innerhalb der Notenbank. Immerhin stimmten drei Mitglieder des Offenmarktausschusses der Fed gegen den Beschluss. det Washington – Mit der zweiten Zinssenkung in diesem Jahr und der gleichzeitig zweiten Lockerung der geldpolitischen Zügel seit der globalen Finanzkrise hat die US-Notenbank versucht, schwächerem Wirtschaftswachstum entgegenzuwirken. Gleichzeitig signalisierte der Zentralbankvorsitzende Jerome Powell aber, dass weitere Herabsetzungen des Leitzinses, der sich nun in einem Zielkorridor zwischen 1,75 und 2,0 % bewegt, in diesem Jahr keineswegs sicher sind.Powell verwies darauf, dass es sich bei dem jüngsten Schritt des Offenmarktausschusses (FOMC) im Wesentlichen um eine “Versicherungspolice” gegen einen potenziellen Konjunktureinbruch handelte. Er verwies einerseits auf den außerordentlich robusten Arbeitsmarkt. Auch stimmte er mit Blick auf den Privatkonsum einen optimistischeren Ton an als in der Vergangenheit. Auffallend war, dass das FOMC das “kräftige Tempo” hervorhob, mit dem Verbraucher ihre Ausgaben hochgeschraubt haben. Ein Andauern der Expansion sei folglich das wahrscheinlichste Szenario, aber keineswegs sicher. Auch sei davon auszugehen, dass sich die Teuerungsrate in der Nähe des 2-prozentigen Inflationsziels der Fed einpendeln wird.Ungeachtet der insgesamt vorsichtig optimistischen Einschätzung der konjunkturellen Aussichten enttäuschte der Fed-Vorsitzende unterm Strich nicht nur die Märkte. So hatten Anleger gehofft, dass die Zentralbank dieses Jahr mindestens ein weiteres Mal den Geldhahn aufdrehen würde. Das aber ist nun fraglich. Irritiert war vor allem US-Präsident Donald Trump, der Powell und seine Kollegen bei der Fed erneut scharf angriff. Trump übt scharfe KritikTrump befürchtet im bevorstehenden Wahljahr einen Konjunktureinbruch und verlangt von der Notenbank, dass sie deswegen zu einer ultralockeren Geldpolitik zurückkehrt. Noch schneller als in der Vergangenheit reagierte er folglich auf den Zinsbeschluss. Auf Twitter warf er der Fed einen Mangel an “Mut, Verstand und Vision” vor. Insbesondere sei Powell ein “furchtbarer Kommunikator”.In welchem Dilemma sich die Fed befindet, das beweist einerseits die Tatsache, dass drei Vorstandsmitglieder gegen eine weitere Herabsetzung des Tagesgeldsatzes stimmten, den die Notenbank wie auch im Juli um 25 Basispunkte herabsetzte. Esther George, Präsidentin der Federal Reserve Bank von Kansas City, und Eric Rosengren, der die Boston Fed leitet, meinen beide, dass die Wirtschaft keine weiteren geldpolitischen Spritzen braucht. Auch votierte James Bullard, Vorsitzender des St. Louis Federal Reserve gegen den Beschluss, allerdings aus einem anderen Grund: Bullard fordert eine Senkung des Tagesgeldsatzes um 50 Basispunkte. Problematisch war für Powell und Co. aber außerdem die Tatsache, dass sich die Währungshüter ausgerechnet im unmittelbaren Vorfeld der FOMC-Sitzung schwertaten, die Entwicklung an den Märkten unter Kontrolle zu bekommen. So hatten Liquiditätsengpässe dazu geführt, dass die Notenbank zum ersten Mal seit der Finanzkrise mehr als 128 Mrd. Dollar in Umlauf gebracht hatte.Gründe dafür waren steuerliche Verpflichtungen der Unternehmen und Staatsanleihen, die auf den Markt gekommen waren. Dadurch überschritt der Tagesgeldsatz kurzfristig auch die Obergrenze des zuvor geltenden Zielkorridors von 2,0 bis 2,25 %. Um sicherzustellen, dass sich derartige Engpässe nicht wiederholen, senkte das FOMC folglich auch den Zinssatz für Überschussreserven, die Banken bei der Notenbank halten. Widersprüchliche SignaleSo oder so ist das konjunkturelle Umfeld komplex und teilweise widersprüchlich. Nach der Weltrezession hatte die Fed sieben Jahre lang an einem Nullzins festgehalten, seit Dezember 2015 aber den Zinssatz neunmal heraufgesetzt. Zwischenzeitlich hat der Konjunkturpessimismus aber deutlich zugenommen. Einerseits hat sich bei US-Verbrauchern, deren Konsum mehr als zwei Drittel der Wirtschaftsleistung ausmacht, die Stimmung wieder deutlich aufgehellt.Befürworter weiterer Zinssenkungen weisen aber darauf hin, dass Unternehmensinvestitionen hinter den Erwartungen zurückbleiben, der Export unter andauernden Handelskonflikten leidet und viele Ökonomen eine Rezession voraussagen. Gegner einer weiteren Lockerung der Geldpolitik sprechen von einer insgesamt stabilen Konjunktur. Auch stellen sie fest, dass Löhne zuletzt deutlich gestiegen sind, der Inflationsdruck zugenommen hat und niedrigere Zinsen die Preise weiter hochtreiben würden.