Konjunktur

Einzelhandel schwächelt vor Weihnachts­geschäft

Der deutsche Einzelhandel setzt nach dem überraschenden Umsatzrückgang im September auf ein starkes Weihnachtsgeschäft. Die Chancen stehen gut: Tarifbeschäftigte bekommen ein höheres Weihnachtsgeld, und die Konsumlust hat zugelegt.

Einzelhandel schwächelt vor Weihnachts­geschäft

ba Frankfurt

Im September haben die deutschen Einzelhändler überraschend weniger umgesetzt als erwartet. Für das anstehende Weihnachtsgeschäft hoffen sie nun auf konsumfreudige Verbraucher – und dass ihnen die sich aufbauende herbstliche Coronawelle keinen Strich durch die Rechnung macht. Denn die Neuinfektionen nehmen stetig zu: Das Robert-Koch-Institut gab die Zahl der Neuinfektionen pro 100000 Einwohner und Woche am Montagmorgen mit 154,8 an, am Vortag waren es 149,4.

Um schnellere Auffrischungsimpfungen zu erzielen, sollten die Impfzentren rasch wieder geöffnet werden, fordern immer mehr Gesundheitsexperten. Nach Karl Lauterbach (SPD) waren dies etwa der geschäftsführende Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Präsident der Bundesärztekammer, Klaus Reinhardt. Sollte vermehrt die 2G-Regel zum Einsatz kommen, würde das noch nicht voll geimpfte Drittel der Deutschen von vielen kontaktintensiven Dienstleistungen ausgeschlossen werden. Denkbar ist aber auch, dass sich auch viele Geimpfte aus Sorge vor einer Ansteckung beim privaten Verbrauch zurückhalten könnten.

Zwar waren im September wieder mehr Menschen in Geschäften für den täglichen Bedarf, während die Google-Mobilitätsdaten für Einzelhandel und Freizeit genauso viel Betrieb auswiesen wie in der Vor-Corona-Zeit. In den Kassen der Einzelhändler hat sich dies allerdings nicht gezeigt: Vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamts (Destatis) zufolge fielen die Erlöse nominal um 2,3% zum Vormonat. Real betrug das Minus 2,5% – Ökonomen hatten hingegen einen Zuwachs von 0,6% erwartet. Wie kräftig die Inflation bereits den Konsum belastet, zeigt sich im Vorjahresvergleich: Nominal kletterten die Umsätze um 1,4%. Real weist Destatis ein Minus von 0,9% aus, erwartet war ein Wachstum von 1,8%. Hinzu komme, so erklärt DWS-Chefvolkswirt Europa Martin Moryson, dass die hohen Energiekosten „den Leuten weniger Geld in der Tasche“ lassen. Selbst der sonst so robuste „Coronagewinnler“ Internethandel habe geschwächelt: Der Umsatz gab Destatis zufolge um 2% zum August nach, im Vergleich zum Vorkrisenmonat Februar 2020 liegen die Umsätze dieser Branche 27,2% im Plus.

Allerdings spricht einiges dafür, dass der private Konsum wie auch im dritten Quartal weiterhin der Treiber des Wirtschaftswachstums bleiben wird – und dass das Weihnachtsgeschäft in den Monaten November und Dezember gut laufen wird. Denn die Voraussetzungen stehen gut, da der Arbeitsmarkt anhaltend robust ist, die Arbeitslosigkeit sinkt – „und nicht zuletzt zählt ja auch der Einkauf von Gas und Öl zum Konsum“, wie Moryson betont. Immerhin dürfen sich 87,2% der Tarifbeschäftigten in Deutschland in diesem Jahr über Weihnachtsgeld freuen, das Destatis zufolge im Schnitt bei 2677 Euro brutto liegt, das sind 1,9% mehr als 2020. Dabei kassieren Tarifbeschäftigte in Westdeutschland ein um 5,5% höheres Weihnachtsgeld als Ostdeutsche, dafür ist der Anteil der anspruchsberechtigten Tarifbeschäftigten im Osten der Bundesrepublik um 1 Prozentpunkt höher.

An der Konsumlust der Deutschen mangelt es derzeit jedenfalls nicht, wie die Umfragen der GfK oder des Einzelhandelsverbandes HDE zeigen. Dem HDE-Barometer zufolge sind im November Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung gestiegen.

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