Eklat zwischen Paris und Rom
wü/bl Paris/Mailand – Der seit Wochen schwelende Streit zwischen Frankreich und Italien spitzt sich weiter zu. Nach einem Treffen des stellvertretenden italienischen Ministerpräsidenten und 5-Stelle-Chef Luigi Di Maio mit Anführern der Gelbwesten-Protestbewegung im rund 125 Kilometer südlich von Paris gelegenen Montargis reagierte Paris empört und rief seinen Botschafter in Rom für Gespräche nach Frankreich zurück. Die jüngsten Einmischungen Italiens seien eine “inakzeptable Provokation”, kritisierte das französische Außenministerium. Der Wahlkampf für die Europawahlen im Mai könne keine Entschuldigung für diesen Mangel an Respekt gegenüber einem anderen Volk sein.Italiens Staatssekretär Manlio di Stefano sprach von einer Provokation. Frankreich sei es gewohnt, Italien als Untertan zu betrachten. Diese Zeiten seien vorbei. Italiens Vizepremier Matteo Salvini gab sich versöhnlicher, er sei zu einem Treffen mit Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bereit. Frankreich müsse aber aufhören, Flüchtlinge an der Grenze zurückzuweisen. Die italienische 5-Stelle-Bewegung bemüht sich seit längerem um eine Annäherung gegenüber den französischen Gilets Jaunes. Zum einen braucht sie Verbündete für die Europawahl im Mai, weil sie für die Bildung einer parlamentarischen Gruppe mindestens 25 Abgeordnete aus sieben Ländern benötigt. Zum anderen richtet sich der Protest der französischen Gelbwesten inzwischen ganz allgemein gegen Macron, der der italienischen Regierung ein Dorn im Auge ist. Di Maio hatte den Gelbwesten deshalb praktische Hilfe angeboten – etwa die Nutzung der internen Kommunikationsplattform seiner Bewegung. Er hoffe, das französische Volk werde sich bald seines “sehr schlechten Präsidenten” entledigen, erklärte Salvini kürzlich.Auslöser für die Spannungen zwischen Frankreich und Italien war die Flüchtlingspolitik, woraus sich jedoch schnell ein Richtungsstreit zwischen Progressiven und Populisten entwickelt hatte. So hatte Macron Rom “Zynismus” und “Verantwortungslosigkeit” vorgeworfen, nachdem Italien sich geweigert hatte, Rettungsschiffe mit Migranten in seinen Häfen anlegen zu lassen. Im Gegenzug monierte Italien, dass Frankreich Flüchtlinge an der gemeinsamen Grenze zurückweise. Di Maio bezichtigte Frankreich zudem, als Anführer einer westlichen Koalition den libyschen Diktator Muammar al-Gaddafi gestürzt und die Flüchtlingswelle damit quasi erst ermöglicht zu haben. “Unerhörte Äußerungen”Der Quai d’Orsay kritisierte nun die “wiederholten, grundlosen Angriffe und die unerhörten Äußerungen” von italienischen Regierungspolitikern. Diese würden zu einer gravierenden Lage führen, die die Frage aufwerfe, welche Intentionen die italienische Regierung in Bezug auf ihre Beziehungen zu Frankreich verfolge. Deshalb habe man beschlossen, den französischen Botschafter für Beratungen zurückzurufen, so das Außenministerium. “Unstimmigkeiten zu haben ist eine Sache, aber die Beziehungen für Wahlziele zu manipulieren ist eine andere.” Eine solche ernste Situation habe es seit Ende des Zweiten Weltkriegs nicht mehr gegeben.