NOTIERT IN BERLIN

Empörung im Occupy-Zeltlager

Die privaten Banken lässt ihre unrühmliche Rolle seit Ausbruch der Finanzkrise nicht kalt. Der Bankenverband BdB hatte deshalb jetzt in die Burgstraße in Berlin - den Verbandssitz - nicht nur Wissenschaftler geladen, um sich mit der...

Empörung im Occupy-Zeltlager

Die privaten Banken lässt ihre unrühmliche Rolle seit Ausbruch der Finanzkrise nicht kalt. Der Bankenverband BdB hatte deshalb jetzt in die Burgstraße in Berlin – den Verbandssitz – nicht nur Wissenschaftler geladen, um sich mit der Empörungsbewegung des Herbstes 2011 auseinanderzusetzen. Auch die Aktivisten von Occupy Nadine Grippekoven und Matthias Merkle fanden den Weg dorthin – bereit dazu, mit Politik und Finanzbranche argumentativ die Klingen zu kreuzen. Dies war keineswegs selbstverständlich, denn zur Hochzeit 2011, die in Protestcamps etwa vor der Deutschen Bank und der Europäischen Zentralbank in Frankfurt kulminierte, blieben die Tausende von Aktivisten bewusst unter sich. *”Wir haben die klassischen Medien und die Politik” ignoriert, beschrieb Merkle die Haltung im Zeltlager. Damit bestätigte er in der Podiumsdiskussion Erkenntnisse der Wissenschaftlerinnen Marianne Kneuer und Saskia Richter von der Universität Hildesheim. Diese hatten mehr als 1 000 Facebook-Posts und Tweets – während sowie kurz vor und nach der Bewegung 2011 – ausgewertet. Dabei wollten sie herausfinden, ob durch das Medium Internet die transnationale Kommunikation von Empörungsbewegungen verstärkt worden ist. Die Protestbewegung lief im Kern über soziale Medien. Ihren Anfang hatte sie mit Belagerungen der Wall Street genommen. Es ging Kneuer und Richter auch darum zu ermitteln, was genau transportiert wurde: Inhalte oder Emotionen oder organisatorische Aspekte?Ein inhaltlicher Diskurs hat sich auf der Plattform der sozialen Medien der Auswertung zufolge nicht entwickelt. Es ging viel um Organisatorisches und um emotionale Komponenten – und dies durchaus über Grenzen hinweg, stellte Kneuer fest. “Wir waren transnational, haben mitgeweint und mitgefiebert”, beschrieb Nadine Grippekoven die damalige Gefühlslage. Die Diskussionen liefen “in den Gruppen”, sagte Merkle, und die Organisation über das Netz. Das Besondere an Occupy sei gewesen, dass sich dort Menschen getroffen hätten, die sonst nicht als Dauergeäste bei Demonstrationen anzutreffen seien. “Empörung war der Grundkonsens, bei dem wir uns getroffen haben.” Dahinter stand der Eindruck, Wirtschaftsordnung und Politik schafften keine Lösung mehr.Ein Masterplan für die neue Zukunft fehlte aber auch den Occupy-Aktivisten und war nicht einmal das Ziel der Bewegung. “Bei uns ging es nicht um Lösungen. Wir wollten zeigen, dass es so nicht weitergehen kann”, sagte Merkle. Zu völlig gegensätzlichen Einschätzungen kamen die Protestbewegten und diejenigen, die der Prostet betraf: Während Merkle die Bewegung als Phänomen der Vergangenheit einstufte, sah Andreas Krautscheid aus der BdB-Geschäftsführung das ganz anders: “Sie haben einen enormen Erfolg erzielt”, konstatierte er. Auch für Kneuer wirken die Proteste fort. Banken und Politik seien beeindruckt. Auch mit einer wieder aufflammenden Bewegung dieser Art rechnet sie. “Jeder Funke kann neues Feuer entfachen.”