BREXIT

Ende der Sachlogik

Das Vorgehen der irischen Regierung in den Brexit-Verhandlungen atmet den Geist der Sachlogik Walter Hallsteins. Das eschatologische Denken des ersten Vorsitzenden der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft lässt sich in einem Satz...

Ende der Sachlogik

Das Vorgehen der irischen Regierung in den Brexit-Verhandlungen atmet den Geist der Sachlogik Walter Hallsteins. Das eschatologische Denken des ersten Vorsitzenden der Kommission der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft lässt sich in einem Satz zusammenfassen: Wer A sagt, muss auch B sagen. Sachzwänge eben, das eine ergibt sich zwangsläufig aus dem anderen. Auf dem Weg von der Montanunion zum europäischen Bundesstaat, der ihm so klar vorgezeichnet zu sein schien, zeigten sich aber schnell unüberwindliche Hindernisse.Die Sachlogik seiner unverdrossenen Jünger funktioniert so: Wer keine harte Grenze zwischen Nordirland und der Republik im Süden will, darf den gemeinsamen Markt und die Zollunion nicht verlassen. Wer es dennoch tut, muss dabei – Souveränität hin oder her – auf Nordirland verzichten, denn anders lässt sich eine harte Grenze auf der Grünen Insel aus Brüsseler Sicht nicht vermeiden. Französische Landwirte fürchten schon lange, dass die EU über die nordirischen Häfen mit Agrarimporten aus aller Welt überschwemmt werden könnte.EU-Landwirtschaftskommissar Phil Hogan sprach es am Wochenende nur noch einmal aus. Der irische Außenminister hatte bereits am Freitag damit gedroht, Verhandlungen über die künftigen Handelsbeziehungen abzulehnen, solange eine verbindliche Zusicherung Londons fehlt, die Grenze offenzuhalten. Die Briten allein wurden für die Lösung des Problems zuständig erklärt. Sie hätten sich schließlich auch für den Verbleib in der Staatengemeinschaft entscheiden können.Für Nordirland ist der Süden der weniger wichtige Markt. Eine Verlegung der EU-Außengrenze in die Irische See, die Zollkontrollen im Verkehr mit Restbritannien erforderlich machen würde, kommt nicht in Frage. Am deutlichsten sagt das Arlene Foster, die Parteichefin der demokratischen Unionisten, auf deren Stimmen im Unterhaus die Konservativen dringend angewiesen sind. Premierministerin Theresa May könnte es einfach beim Lippenbekenntnis belassen, dass man auch in Zukunft keine harte Grenze will. Die EU hätte den schwarzen Peter, denn sie wird – ihrer Sachlogik folgend – am Ende darauf bestehen müssen, dass ihre Außengrenze gesichert wird. Wer B wie Brexit sagt, muss eben nicht A sagen, um jede Kröte zu schlucken, die ihm hingehalten wird.Kommt es zu keiner Einigung, leiden die Iren am meisten. Für ihre Landwirtschaft ist Großbritannien der wichtigste Markt. Gelten WTO-Zölle, sind ihre Produkte nicht mehr konkurrenzfähig.