Energiebranche setzt auf wachsenden Strombedarf
scd Frankfurt – Die Energiewirtschaft richtet sich nach schwierigen Jahren mit Atom- und zunehmend auch Kohleausstieg auf eine wachstumsstarke Zukunft ein. “Das Produkt Strom wird künftig eine deutlich größere Rolle spielen”, ist Stefan Kapferer, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW), sicher. Der Trend zur Elektromobilität sei ein wesentlicher Treiber der Stromnachfrage in den kommenden Jahren und Jahrzehnten. Später werde das Thema Strom dann auch “im Wärmebereich” eine wichtigere Rolle einnehmen. Zwar rechne er keinesfalls mit einem Ersatz der guten Gasinfrastruktur, wie er bei einer Veranstaltung des Internationalen Clubs Frankfurter Wirtschaftsjournalisten (ICFW) erklärte. Noch immer gebe es allerdings knapp 5 Millionen Ölheizungen in Deutschland, die aus Klimaschutzgründen sukzessive ersetzt werden dürften. Das werde teils auf Gas- und teils auf Strombasis (Wärmepumpen) erfolgen.Der wachsende Strombedarf erfordere, dass “wir massiv in Erzeugungskapazität investieren müssen”. Hier sieht Kapferer noch Defizite. Der Ausstieg aus der Kohlestromerzeugung sei inzwischen zwar offensichtlich. Anreize, die dadurch benötigten zusätzlichen Kapazitäten zu schaffen, gebe es aber zu wenige. Für die in Norddeutschland üppige Energieproduktion aus Erneuerbaren gebe es noch längst nicht die nötigen Trassen, um den Strom nach Süden zu leiten. Thüringens Landeschef Bodo Ramelow hat gerade erst am Dienstag angekündigt, gegen die geplante 700 Kilometer lange Suedlink-Trasse, die auch durch sein Bundesland laufen und Windstrom nach Süddeutschland leiten soll, klagen zu wollen, wenn der Planfeststellungsbeschluss 2020/2021 kommt. “Ich bin da zäh”, hatte Ramelow ein Einlenken ausgeschlossen. Keine kurzfristige LösungAuch wenn Kapferer absolut überzeugt von der Zukunft der erneuerbaren Energien sei, die durch eine Marktbereinigung und eine Professionalisierung der Ausschreibungen bald noch wirtschaftlicher würden als zuletzt schon, sehe er diese kurzfristig aufgrund der Stromleitungsprobleme nicht als Lösung für Energielücken. Versorgungssicherheit sei deshalb auch ein Wachstumsthema. Diese könne etwa über Gas sichergestellt werden. Allerdings seien Gaskraftwerke wie der daraus gewonnene Strom teuer und wegen der jahrelangen Bauzeit keine kurzfristige Lösung für Strommangel in Spitzenzeiten. Was bliebe seien Zukäufe von Strom aus den Nachbarländern. Kapferer warnte davor, sich zu sehr auf diese zu verlassen. Einige Gigawatt könne man wohl gesichert einkaufen. Wenn aber zum Atom- auch noch der zunehmende Kohleausstieg hinzukomme, könne der Bedarf die Menge übersteigen, die man sich vertraglich gesichert bei den Nachbarn realistisch beschaffen könne. Es bestehe Handlungsbedarf und das Zeitfenster sei nicht mehr weit auf.