GASTBEITRAG

Erbschaftsteuerreform - Abschaffen wäre besser!

Börsen-Zeitung, 17.4.2015 Nun haben wir den Salat! Das Bundesverfassungsgericht hatte das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht mit der Begründung verworfen, die geltenden Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen seien zu weitgehend....

Erbschaftsteuerreform - Abschaffen wäre besser!

Nun haben wir den Salat! Das Bundesverfassungsgericht hatte das geltende Erbschaft- und Schenkungsteuerrecht mit der Begründung verworfen, die geltenden Regelungen zur Verschonung von Betriebsvermögen seien zu weitgehend. Eine ungeschmälerte Besteuerung der Übertragung mittelständischer Unternehmen würde aber in vielen Fällen zwangsläufig das “wirtschaftliche Aus” der Unternehmen bedeuten und demzufolge auch die Volkswirtschaft insgesamt beschädigen. Das erkennt auch das Verfassungsgericht an und fordert darum eine treffsicherere Förderung des Übergangs von Unternehmen. Nicht eine Schrotflinte, sondern ein Präzisionsgewehr ist daher gefragt. Die Erbschaftsteuer soll nicht länger eine Dummensteuer sein! Schäubles EckpunktepapierMit einem ersten Eckpunktepapier hat sich Finanzminister Wolfgang Schäuble bereits positioniert. Danach soll eine Verschonung beantragt werden können, wenn der Wert des erworbenen Unternehmensteils bis zu 20 Mill. Euro (je Erwerb) beträgt und der Betrieb wie bisher schon fortgeführt wird und die Arbeitsplätze beibehalten werden.Wie die Fortführung und der Erhalt der Arbeitsplätze konkret definiert wird, dürfte sich an den bisherigen Regeln orientieren. Da das Bundesverfassungsgericht die Beschäftigungsgrenze von 20 Beschäftigten als zu hoch eingestuft hat, soll nach dem Eckpunktepapier auf die Erfüllung der Lohnsummenregelung verzichtet werden, sofern der Unternehmenswert 1 Mill. Euro nicht übersteigt.Bei Erwerb eines Unternehmensteils mit einem Wert über 20 Mill. Euro greift dann eine Bedürfnisprüfung. Nur “Bedürftige” werden verschont. Wenn keine Bedürftigkeit festgestellt wird, kommt es mithin zur Vollversteuerung. Woran genau “Bedürftigkeit” festgemacht wird, bleibt unklar. Sicher ist indes, dass der Finanzminister bei der Prüfung auch das Privatvermögen mit einbeziehen will. Die Hälfte des Privatvermögens zur Begleichung der Erbschaftsteuer soll danach zumutbar sein.Auch soll zukünftig im Wesentlichen nur noch “betriebsnotwendiges” Betriebsvermögen verschont werden. Was betriebsnotwendig ist und was nicht muss noch definiert werden. Dass die Abgrenzung lückenhaft bleiben wird, liegt auf der Hand. Verwaltungsvermögen, dass 10 % nicht übersteigt, soll aber wie bisher verschont bleiben. Verfehlte KonzeptionDie Eckpunkte zeigen, dass es auch zukünftig ein erhebliches Gestaltungspotenzial geben wird. Es wird also weiter so sein, dass die Erbschaftsteuer in erheblichem Umfang gestaltungsabhängig sein wird. Auch politisch kann das Eckpunktepapier, nach Lage des derzeitigen Diskussionsstandes, schon als gescheitert betrachtet werden. Und so verwundert es kaum, dass der Finanzminister bereits zurückrudert und das Papier nur als Diskussionsgrundlage einstuft. Kritisiert wird, dass die Bedürfnisprüfung viel zu früh ansetzt und dass auch Privatvermögen in erheblichem Umfang bei der Bedürfnisprüfung zu berücksichtigen ist. Gefordert werden Verschonungsgrenzen von 100 Mi.. Euro und mehr, statt der anvisierten 20 Mill. Euro.Die Einbeziehung des Privatvermögens führt sicherlich praxisbezogen zu einer Schwächung des Betriebsvermögens. Denn gerade die KMUs (Klein- und mittelständische Unternehmer) haben in der Vergangenheit oft krisenbedingt privates Kapital in ihr Unternehmen eingezahlt. Nicht zuletzt drohen viele Unternehmer, so IHK-Präsident Dr. Erik Schweizer, “Deutschland den Rücken zu kehren”. An dieser Stelle ist vielleicht ein Blick über die Grenzen hinweg nach Österreich erlaubt: Dort ist die Erbschaftsteuer komplett abgeschafft worden!Vor dem Hintergrund der derzeitigen Diskussion dürften wie bisher die kleinen und auch viele mittlere Unternehmen von der Erbschaftsteuer verschont bleiben. Für sie kann also Entwarnung gegeben werden. Bei größeren Mittelständlern sieht das schon anders aus. Diese stellen aber das Rückgrat der Wirtschaft dar.Vor diesem Hintergrund muss die Frage schon erlaubt sein, ob 1 % des Steueraufkommen es wert sind, eine Steuer zu erheben, die:- wegen der Verschonung von Unternehmen als ungerecht empfunden wird,- in hohem Maße gestaltungsabhängig ist,- wegen schwieriger Abgrenzungsfragen streitanfällig und- volkswirtschaftlich bedenklich ist.Wir meinen: Das Abschaffen der Steuer wäre besser!—-Rainer Steinhaus, Geschäftsführer des ICM-Institute for Capital Management GmbH, Düsseldorf —-Rudolf Schmitz, Wirtschaftsprüfer/Steuerberater, Geschäftsführer der SRS-Audit-Group, Köln