Erdogan wettert wieder gegen Notenbank

"Geduld hat Grenzen" - Lira wieder unter Druck

Erdogan wettert wieder gegen Notenbank

BZ Frankfurt – Der Machtkampf zwischen dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan und seinen Währungshütern geht in die nächste Runde. Einen Tag nach der überraschend kräftigen Zinsanhebung der Notenbank hat Erdogan deren Geldpolitik erneut kritisiert. Derzeit sei er persönlich zwar “recht geduldig”, sagte er am Freitag vor Vertretern der regierenden AKP: “Aber diese Geduld geht nur bis zu einem gewissen Grad.” Es sei der Notenbank binnen 15 Jahren nicht gelungen, ihr Inflationsziel einzuhalten, kritisierte Erdogan, der die Arbeit der Währungshüter bereits wenige Stunden vor dem Zinsentscheid harsch verurteilt hatte. Am Donnerstag hatten die Währungshüter im Kampf gegen den Lira-Verfall und die ausufernde Inflation im Land den Schlüsselsatz zur Versorgung der Geschäftsbanken mit Geld überraschend kräftig um 625 Basispunkte auf 24 % angehoben (vgl. BZ vom 14. September) Investitionsstopp verkündetDer Präsident verkündete zudem einen Investitionsstopp: “Wir denken derzeit nicht über neue Investitionen nach.” Projekte, die bereits zu mehr als 70 % fertiggestellt worden seien, würden auch zu Ende gebracht. Aber “alle unsere Ministerien werden ihre geplanten Investitionen überprüfen”. Finanzminister Berat Albayrak – Erdogans Schwiegersohn – hat Einsparungen und effektivere Ausgaben versprochen. Kommende Woche will er ein mittelfristiges Wirtschaftsprogramm veröffentlichen.Das von einer Währungskrise und Kapitalflucht heimgesuchte Land hat unter Investoren an Vertrauen verloren, weil Zweifel an der Unabhängigkeit der Notenbank aufgekommen sind. Erdogan sagte nun, man werde nach der Zinserhöhung die Ergebnisse der Unabhängigkeit sehen können. Ihm ist die formelle Unabhängigkeit der türkischen Zentralbank von der politischen Führung seit langem ein Dorn im Auge. Der Staatschef forderte zugleich alle Türken auf, Vertrauen in ihre Währung zu haben. Sie sollten sämtliche Ersparnisse in Lira umtauschen. Die türkische Währung hat seit Jahresbeginn fast 40 % zum Dollar verloren – auch weil die Türkei und die USA Sanktionen gegeneinander verhängt haben und Erdogans Krisenpolitik von Investoren als unzureichend kritisiert wird.Nach dem Zinsentscheid vom Donnerstag wertete die Lira zunächst deutlich auf, geriet nach den Äußerungen Erdogans jedoch wieder unter Druck: Ein Dollar verteuerte sich zur türkischen Devise um 0,4 % auf 6,10 Lira. Experten warnen bereits, dass, solange der Präsident die Notenbank weiter angreift, deren Glaubwürdigkeit beschädigt bleibe und die Lira sich nicht nachhaltig stabilisieren könne. Andere sehen ein “Good cop – bad cop”-Spiel der türkischen Behörden.