NOTIERT IN PARIS

Ermittlungen und Kehrtwenden

Hat die Geschäftsführung von Areva Mitarbeitern bewusst die wahre Situation des Atomkonzerns verschleiert, als sie diese im Frühjahr 2013 aufgefordert hatte, sich an einem Belegschaftaktienplan zu beteiligen? Dieser Frage will nun offenbar die...

Ermittlungen und Kehrtwenden

Hat die Geschäftsführung von Areva Mitarbeitern bewusst die wahre Situation des Atomkonzerns verschleiert, als sie diese im Frühjahr 2013 aufgefordert hatte, sich an einem Belegschaftaktienplan zu beteiligen? Dieser Frage will nun offenbar die französische Justiz nachgehen. Wie justiznahe Kreise mehreren Medien übereinstimmend bestätigten, leitete die Finanzstaatsanwaltschaft jetzt ein vorläufiges Ermittlungsverfahren gegen Areva wegen des Verdachts auf Verbreitung falscher oder irreführender Informationen ein.Die Gewerkschaft CFE-CGC hatte eine entsprechende Klage eingereicht, der sich nach Angaben ihres Rechtsanwalts Cyril Cambon fast 300 Angestellte des Konzerns und ehemalige Mitarbeiter angeschlossen haben. Insgesamt hatten die Areva-Mitarbeiter 29 Mill. Euro in den Belegschaftsaktienplan des Atomkonzerns investiert, der damals von dem Ende 2014 verstorbenen Luc Oursel geleitet wurde. Innerhalb der vergangenen drei Jahre ist der Aktienkurs Arevas um knapp 50 % auf zuletzt 6,28 Euro eingebrochen. Anwalt Cambon prangerte die Geschäftsführung an. Sie sei sich der Schwierigkeiten des Konzerns schon damals bewusst gewesen.Allerdings hatte Areva auch schon 2013 rote Zahlen geschrieben – und das nicht zum ersten Mal. So musste der Atomkonzern 2015 bereits im fünften Jahr in Folge einen Verlust von 2,03 Mrd. Euro hinnehmen. Der Konzern, der unter den Folgen der Atomkatastrophe von Fukushima und teuren Verzögerungen beim Bau der EPR-Druckwasserreaktoren in Finnland und der Normandie leidet, hatte im Juni seine Aufspaltung eingeleitet. Nach Angaben eines Sprechers wurden die Mitarbeiter 2013 während der Zeichnungsfrist über das Risiko informiert, als Käufer von Aktien Verlust machen zu können.Medien versichern jedoch, dass in den damals verteilten Broschüren vor allem die guten Zukunftsaussichten Arevas hervorgehoben worden seien. Mit einer soliden Basis und einem Bargeldmittelzufluss von mehr als 1 Mrd. Euro pro Jahr ab 2015 werde Areva wieder alleiniger Herr seines Schicksals, sei darin zu lesen gewesen, berichtet die Tageszeitung “Libération”. Was die Risiken angehe, habe die Broschüre zu beruhigen versucht, dass Areva ein staatliches, börsennotiertes Unternehmen sei.Die französische Justiz hat den Atomkonzern, der Anfang 2017 eine Kapitalerhöhung über 5 Mrd. Euro plant, bereits seit längerem im Visier. Sie erhob im Mai Anklage gegen Ex-Chefin Anne Lauvergeon. Der Managerin, die Areva von 2001 bis 2011 geleitet hatte, wird vorgeworfen, im Zeitraum 2010/ 2011 falsche Kontenangaben vorgelegt und veröffentlicht sowie unrichtige Informationen verbreitet zu haben. Zusätzlich laufen weitere Ermittlungen gegen den Atomkonzern wegen der überteuerten Übernahme des kanadischen Bergbau-Unternehmens Uranmin 2007. *Frankreichs sozialistische Regierung hat wieder einmal eine Kehrtwende eingeleitet. Sie hat jetzt offiziell ihre Pläne für eine neue Immobiliensteuer fallengelassen, die sie eigentlich im Rahmen des Haushaltsplans 2017 zur Finanzierung der Regionen hatte einführen wollen. Die Regionen müssen neue Aufgaben übernehmen, doch ihre Steuereinnahmen sinken. Sie fordern deshalb vom Staat 600 Mill. Euro.Eigentlich hatten sich Premierminister Manuel Valls und der Vorsitzende der Vereinigung der französischen Regionen deshalb auf die Einführung der neuen Immobiliensteuer geeinigt. Doch anschließend hatten mehrere konservative Regionspräsidenten der Regierung vorgehalten, das Versprechen von Präsident François Hollande zu brechen, bis zum Ablauf seines Mandats die Steuern nicht mehr zu erhöhen. Vertreter der Immobilienbranche und der Steuerzahler reagierten nun zufrieden auf die Entscheidung der Regierung, die angedachte, zusätzliche Immobiliensteuer fallenzulassen.Wie die neuen Aufgaben der Regionen finanziert werden sollen, ist nun unklar. Der Vorsitzende des Verbandes der Regionen will sich am Mittwoch erneut mit Premierminister Valls zu Beratungen treffen. Eine der Ideen, über die sie diskutieren dürften, ist, einen Teil der geplanten CO2-Steuer für die Finanzierung der Regionen abzuzweigen.