Erneute Abfuhr für May in Brüssel

Weiteres Gespräch mit Juncker noch im Februar - Labour-Chef Corbyn für Zollunion

Erneute Abfuhr für May in Brüssel

Die britische Premierministerin Theresa May hat bei ihrem erneuten Versuch, in Brüssel weitere Brexit-Zugeständnisse zu erreichen, wie erwartet wieder auf Granit gebissen. Die Labour-Partei stellte May unterdessen fünf Bedingungen für eine mögliche Unterstützung ihrer Brexit-Pläne im britischen Parlament.ahe Brüssel – Die britische Premierministerin Theresa May hat sich bei ihrem erneuten Versuch, Nachverhandlungen zum Brexit-Abkommen zu erreichen, wieder eine Abfuhr in Brüssel eingefangen. In einem Gespräch mit EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, das ein Sprecher im Anschluss als “robust” bezeichnete, wurde lediglich vereinbart, dass beide Seiten weiter für einen geregelten Brexit zusammenarbeiten wollten. Vor Ende Februar soll es nun noch ein weiteres Treffen der beiden geben.In einer gemeinsamen Erklärung hieß es, dass trotz aller Schwierigkeiten die Unterhändler beraten sollten, “ob ein Weg gefunden werden kann, der die breitestmögliche Unterstützung im britischen Parlament findet und die Richtlinien des Europäischen Rats respektiert”. Juncker machte May laut der Erklärung allerdings abermals auch deutlich, dass die restlichen 27 EU-Länder sich darin einig seien, das vereinbarte Austrittsabkommen nicht noch einmal neu zu verhandeln.Im Mittelpunkt des erneuten Gesprächs stand wieder der sogenannte Backstop, also die vereinbarte Garantie für eine offene Grenze zwischen dem EU-Staat Irland und dem britischen Nordirland. Die EU beharrt darauf, weil eine Teilung der Insel neue politische Gewalt in der früheren Bürgerkriegsregion entfachen könnte. Eine Mehrheit im Unterhaus hatte zuletzt für “alternative Regelungen” gestimmt.May habe Juncker erläutert, warum das Parlament eine rechtlich verbindliche Änderung des Backstop wolle, hieß es in der Erklärung. Die Premierministerin habe verschiedene Optionen dargelegt, mit diesen Bedenken umzugehen. May hatte dem britischen Parlament in der vergangenen Woche zugesagt, den von ihr selbst ausgehandelten Ausstiegspakt mit der EU noch einmal neu zu justieren. Sie will den Abgeordneten am nächsten Mittwoch neue Vorschläge präsentieren. Labours fünf BedingungenUnterdessen stellte die Labour-Partei May fünf Bedingungen für eine Unterstützung ihrer Brexit-Pläne im Parlament. May solle eine dauerhafte Zollunion mit der EU zusagen, die auch ein Mitspracherecht in künftigen Handelsabkommen sichere, forderte Labour-Chef Jeremy Corbyn jetzt in einem Brief an die Premierministerin. “Wir glauben, dass eine Zollunion notwendig ist, um den reibungslosen Handel zu gewährleisten, den unsere Unternehmen, Arbeitnehmer und Verbraucher benötigen.” Sie sei der einzige gangbare Weg, um sicherzustellen, dass es auf der irischen Insel keine harte Grenze gebe. May hatte einen dauerhaften Verbleib in der Zollunion und eine Anbindung an den Binnenmarkt bislang strikt abgelehnt.Zudem verlangte Corbyn eine enge Anbindung an den EU-Binnenmarkt, eine Zusage, die Arbeitnehmerrechte auf EU-Niveau zu halten, und Zusagen zur künftigen Beteiligung des Landes an EU-Agenturen und -Finanzierungsprogrammen. Des Weiteren fordert er Vereinbarungen über künftige Sicherheitsabmachungen, etwa weiter Zugang zum europäischen Haftbefehl. Diese Bedingungen müssten rechtsverbindlich beschlossen werden, bevor Großbritannien aus der EU austrete, lautete die Forderung. Kritik aus dem EU-ParlamentDer Druck, doch noch eine politische Einigung zu finden, wurde gestern auch von der Bank of England noch einmal erhöht. Angesichts der Unsicherheiten rund um den Brexit senkte die Bank ihre Konjunkturprognose für dieses Jahr. Sie erwartet jetzt nur noch einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes (BIP) von 1,2 % in diesem Jahr. Damit würde die britische Wirtschaft auf das schwächste Wachstum seit der Finanzkrise vor zehn Jahren zusteuern. Im November war noch ein Wirtschaftswachstum von 1,7 % prognostiziert worden.Aus dem EU-Parlament kam Kritik am Vorgehen von May. “Die Brexit-Verhandlungen sind kein Gebrauchtwagenkauf”, monierte Jens Geier, Chef der SPD-Europaabgeordneten. “Es geht nicht um den Austausch von Nettigkeiten, sondern um die verbindliche Einhaltung eines Regelwerks für den Binnenmarkt.” Den Briten jetzt entgegenzukommen gefährde die Integrität des Binnenmarktes. “Das ist genau die Art von Rosinenpicken, die wir zu Recht immer abgelehnt haben.”Bundeskanzlerin Angela Merkel bekräftigte unterdessen in Bratislava, dass aus ihrer Sicht eine Einigung ohne Öffnung des Austrittsabkommens möglich sei. Nach einem Gespräch mit dem slowakischen Ministerpräsidenten Peter Pellegrini sagte sie, man wolle alles tun, was möglich sei, um einen geordneten Brexit zu erreichen. Allerdings müsse die EU dabei auf die Integrität ihres Binnenmarktes achten und ihr Mitglied Irland schützen.