Erstaunliche Allianz für Lobbygesetz

Chemieindustrie und Korruptionsbekämpfer für transparente Gesetzgebung

Erstaunliche Allianz für Lobbygesetz

ge Berlin – Eine ungewöhnliche Allianz aus Verband der Chemischen Industrie (VCI) und Transparency International (TI) fordert ein Gesetz für transparenten Lobbyismus. Die derzeitige Intransparenz im Gesetzgebungsverfahren habe einen zunehmenden Vertrauensverlust in der Be-völkerung zur Folge, beobachtet die hiesige TI-Chefin Edda Müller – “er betrifft Politik und Wirtschaft gleichermaßen”. Da der Austausch zwischen Politik und externer Expertise – egal ob von Wirtschaftslobbyisten oder Umweltverbänden – aber ein unverzichtbarer Bestandteil bei der Entstehung von Gesetzen ist, peilen VCI und TI in ihrem Eckpunktepapier für ein “Interessenvertretungsgesetz” für alle geltende faire und offene Regeln an.Unverzichtbar seien dabei ein öffentlich einsehbares Transparenzregister mit Registrierungspflicht sowie ein Verhaltenskodex für alle Lobbyisten. Zu diesen zählt das Papier nicht nur herkömmliche Verbände und Konzerne, sondern auch Nichtregierungsorganisationen, Kirchen, Think-Tanks, Stiftungen, Gewerkschaften, Kanzleien, Public-Affairs-Agenturen und selbständige Berater für spezifische Einzelinteressen.”Zentrales Anliegen” in dem neuen Gesetz müsse das Offenlegen der eingesetzten Gelder und von deren Ursprung sein, listete VCI-Hauptgeschäftsführer Utz Tillmann bei der Vorstellung des Eckpunktepapiers auf. Dabei sollen Beträge ab 50 000 Euro aufgeführt werden. Künftig gelte es zudem, jegliche Einflussnahme auch schon vor dem Referentenentwurf per legislativen “Fußabdruck” zu dokumentieren. Dazu sollen in der Begründung zum Gesetzentwurf nicht nur wie bisher die haushalterischen Auswirkungen aufgelistet werden, sondern auch, welche Interessen während der frühen Phase gehört wurden und inwieweit diese Eingang in den Gesetzestext gefunden haben. “Politisch sichtbar”Diese Einflussnahme soll während der ersten Lesung des Gesetzentwurfs dann auch im Bundestag öffentlich debattiert werden. VCI und Transparency schlagen vor, das gegenwärtige Verfahren der Verbändeanhörung um ein Online-Konsultationsverfahren zu ergänzen – orientiert an einem ähnlichen Prozedere in der Europäischen Union. Dabei könnten neben den für die Anhörung bestellten Gutachtern auch alle im Transparenzregister registrierten Interessenvertreter ihre Position einbringen.Strittig zwischen VCI und TI ist nur die Stellung des von beiden Seiten gewünschten Lobbybeauftragten. Dieser soll das Register und den Verhaltenskodex überwachen und gegebenenfalls Verstöße sanktionieren. Während der VCI dieses Amt beim überparteilichen Bundestagspräsidenten ansiedeln möchte, plädiert Müller für eine “politisch sichtbare” Funktion – ähnlich dem Wehrbeauftragten, der einmal jährlich einen Bericht vorstellt, welcher dann im Parlament diskutiert wird.Das Plädoyer für eine gesetzliche Regulierung statt freiwilliger Regeln begründete Verbandsgeschäftsführer Tillmann mit der Überzeugung, dass Transparenz und Nachvollziehbarkeit nur dann zu gewährleisten seien, wenn klare Regeln für alle gelten – “und zwar ohne Ausnahme”.