BANK OF ENGLAND LEITET ZINSWENDE EIN

Erste Zinserhöhung seit 2007

Bank of England hebt Leitzins um 25 Basispunkte und erwartet mehr Wachstum im laufenden Jahr

Erste Zinserhöhung seit 2007

Die britische Notenbank hat den Einstieg in den Ausstieg aus den geldpolitischen Notstandsmaßnahmen eingeleitet, die während der Finanzkrise ergriffen wurden. Für rund acht Millionen Briten ist es die erste Zinserhöhung in ihrem Erwachsenenleben. Mit weiteren Zinsschritten hat es die “Old Lady of Threadneedle Street” aber nicht eilig.hip London – Die Bank of England hat erstmals seit Juli 2007 den Leitzins erhöht. Wie dem Protokoll der Juli-Sitzung des geldpolitischen Komitees (Monetary Policy Committee, MPC) der Bank of England zu entnehmen ist, sprachen sich 7:2 Mitglieder dafür aus, den Leitzins um 25 Basispunkte auf 0,5 % zu erhöhen. Jon Cunliffe and Dave Ramsden stimmten gegen den Einstieg in den Ausstieg aus den während der Finanzkrise ergriffenen geldpolitischen Notstandsmaßnahmen. Für die Beibehaltung des zur Konjunkturankurbelung zusammengekauften Anleihenbestands waren indes alle Sitzungsteilnehmer. Die Wirtschaft wuchs zuletzt schneller als von den Volkswirten der Notenbank erwartet. Hatten sie im August noch lediglich 1,3 % Wachstum für das laufende Jahr angesetzt, so erhöhten sie ihre Prognose nun auf 1,5 %. Damit liegt sie gleichauf mit dem britischen National Institute of Economic and Social Research (NIESR). Im kommenden Jahr soll sich das Wachstum den Schätzungen der Zentralbankökonomen zufolge auf 1,7 % beschleunigen, etwas weniger stark als ursprünglich angesetzt, und in den kommenden beiden Jahren auf diesem Niveau verharren. Die Teuerungsrate dürfte sich nach ihren Erwartungen auch in den kommenden drei Jahren über dem Inflationsziel von 2,0 % bewegen. Die Notenbank geht allerdings davon aus, dass der Preisauftrieb im laufenden Jahr seinen Höhepunkt erreichen wird. “In begrenztem Umfang””Das sind keine normalen Zeiten für die Wirtschaft”, sagte Notenbankchef Mark Carney. “Die Entscheidung zum Verlassen der EU hat bereits spürbare Auswirkungen.” Sie habe das Pfund geschwächt, die Inflation in die Höhe getrieben und für Unsicherheit gesorgt, die das Investitionsklima belaste. Am Markt wurde aufmerksam notiert, dass im Protokoll der MPC-Sitzung ein Satz fehlte, der nach dem Septembertreffen für Furore gesorgt hatte. Damals hieß es, die Zügel könnten unter gewissen Umständen schneller angezogen werden müssen als am Markt erwartet. Zudem wurde bekräftigt, dass weitere Erhöhungen “schrittweise und in begrenztem Umfang” vorgenommen werden sollen. Amit Kara, Head of UK Macroeconomic Forecasting am NIESR, geht davon aus, dass die Zinsen alle sechs Monate um 25 Basispunkte steigen werden, bis der Leitzins 2021 bei 2,0 % angelangt.”In Wirklichkeit macht die heutige Leitzinserhöhung für die Realwirtschaft keinen großen Unterschied”, sagte Ben Brettell, Senior Economist beim Vermögensverwalter Hargreaves Lansdown. Es handele sich in erster Linie um einen symbolischen Schritt. “Wir befinden uns nach wie vor in einer Phase ultraniedriger Zinsen. Sparer erhalten nach wie vor so gut für nichts für ihr Geld und die Kreditaufnahme ist weiterhin günstig.” Die Bank of England nahm mit der Zinserhöhung lediglich einen Teil der Maßnahmen zurück, die nach dem EU-Referendum ergriffen wurden, um schädliche wirtschaftliche Auswirkungen der Entscheidung für den Brexit abzuwehren. “Aber es ist eine hilfreiche Erinnerung vor allem für die junge Generation, dass Zinsen – und die Kosten von Schulden – nicht nur fallen, sondern auch steigen können”, sagte Lucy O’Carroll, Chefvolkswirtin von Aberdeen Standard Investments. Das sei vor allem in einer Zeit wichtig, in der das Wachstum der Konsumentenverschuldung Besorgnis errege. “Das Risiko besteht darin, dass dieser Schritt als Beginn eines Zyklus von Zinserhöhungen gedeutet werden könnte, was das Konsumentenvertrauen zu einer Zeit beschädigen würde, in der sich die Wirtschaft in einer anfälligen Phase befindet.”Daniel Mahoney, Head of Economic Research am Centre for Policy Studies, begrüßte die Zinserhöhung als “willkommenen Schritt, um die Probleme anzugehen, die mit einer nie dagewesenen Periode äußerst niedriger Zinsen einhergehen. Jahre ultralockerer Geldpolitik haben die britische Produktivität gedämpft, indem sie eine Fehlallokation von Ressourcen ermutigt und das Überleben von Zombiefirmen begünstigt haben.” Zudem hätten sie die Hauspreise so weit in die Höhe getrieben, dass ein Eigenheim für Erstkäufer kaum noch zu erreichen sei.