Erstes Geld fließt nach Griechenland

Athen gleicht vorerst nur Zahlungsrückstände aus - Tsipras tritt zurück - Neuwahlen am 20. September

Erstes Geld fließt nach Griechenland

Die Regierung in Athen hat mit den frischen Mitteln aus dem Euro-Rettungsschirm ESM anstehende Zahlungsverpflichtungen begleichen können. Die Hälfte der Summe liegt noch auf Eis. Am Abend hat Ministerpräsident Alexis Tsipras mit seinem Rücktritt den Weg für Neuwahlen frei gemacht.wf/ms Berlin/Frankfurt – Der Europäische Rettungsschirm ESM hat die erste Tranche aus dem neuen Hilfspaket an Griechenland ausgezahlt. Diese umfasst 26 Mrd. Euro des insgesamt 85,5 Mrd. Euro schweren Programms. Die europäischen Finanzminister, die den Gouverneursrat der ESM bilden, hatten zuvor das Hilfsprogramm gebilligt und die Auszahlung freigegeben, nachdem die Parlamente in jenen Ländern zugestimmt hatten, in denen eine parlamentarische Abstimmung erforderlich war.Den größten Teil der Mittel von 13 Mrd. Euro benötigt Griechenland für die Rückzahlung teilweise überfälliger Schulden. Abgelöst wurde der Überbrückungskredit von 7,2 Mrd. Euro, den die Euro-Länder nach Auslaufen des zweiten Hilfsprogramms gewährt hatten. Auch der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Europäische Zentralbank (EZB) wurden bedient. 500 Mill. Euro dienten dem Ausgleich inländischer Zahlungsrückstände (siehe Grafik).Vom Gesamtbetrag wurden zudem 10 Mrd. Euro auf ein ESM-Sonderkonto überwiesen. Die Mittel sind zur Rekapitalisierung oder Abwicklung griechischer Banken vorgesehen und werden sukzessive nach Bedarf vom ESM-Direktorium freigegeben. Die europäische Bankenaufsicht bei der EZB hat Stresstests angekündigt, um sich ein Bild vom griechischen Finanzmarkt zu verschaffen. Auch die Auszahlung der noch verbleibenden 3 Mrd. Euro liegt auf Eis und ist an Bedingungen geknüpft: Diese sollen bis spätestens Ende November fließen, wenn Athen vorrangige Auflagen, sogenannte Prior Actions, aus dem Reformprogramm umgesetzt hat. Banken stabilisiertDie EZB bestätigte gestern den Erhalt der Rückzahlung. Kurzfristig ist damit vor allem sichergestellt, dass der EZB-Rat die ELA-Notfallkredite für die Hellas-Banken weiter durchwinken kann. Am Dienstag hatte der Rat zwar erstmals seit Monaten das maximale ELA-Volumen leicht gesenkt – ein Indiz, dass sich die Lage der Banken stabilisiert (vgl. BZ vom 19. August). Nach wie vor sind die Institute aber auf die Emergency Liquidity Assistance (ELA) angewiesen, und der Rahmen ist mit 89,7 Mrd. Euro sehr hoch.Längerfristig stellt sich für den EZB-Rat mit dem Anlaufen des dritten Programms indes die Frage, wann er den “Waiver” für Griechenland wieder aktiviert. Diese Sonderregel erlaubt es, Staatsanleihen eines Landes auch bei schlechtem Rating anzunehmen, wenn das Land in einem Hilfsprogramm ist und dieses auf dem richtigen Weg ist. Den Hellas-Banken würde das den Zugang zu regulärer EZB-Liquidität erheblich erleichtern. Zudem könnte Griechenland von dem EZB-Staatsanleihenkaufprogramm (Quantitative Easing, QE) profitieren. EZB-Vertreter haben zuletzt betont, dass sie mit der Aktivierung nicht unbedingt bis zur ersten Programmüberprüfung im Oktober warten müssen. Machtfrage klärenAm Abend hat Ministerpräsident Alexis Tsipras in einer Fernsehansprache seinen Rücktritt erklärt, um Neuwahlen auszulösen. Tsipras stimmte sich einem Regierungsvertreter zufolge am Nachmittag mit seinen Beratern über das weitere Vorgehen ab. Mit seinem Rücktritt und Neuwahlen könnte er die Machtfrage in seiner Syriza-Partei klären, deren radikaler linker Flügel ihm bei Abstimmungen über das dritte Rettungspaket und den Sparkurs die Gefolgschaft verweigert hatte. Tsipras selbst ist wegen seiner lange harten Haltung gegen neue Sparauflagen populär. Seine Popularität könnte aber leiden, wenn Sparkurs und Steuererhöhungen spürbar werden. Mehrere Minister sprachen sich daher zuvor für rasche Neuwahlen aus.