Es ist was faul im Big Apple
Amerika ist das Land der unbegrenzten Möglichkeiten und New York, die Stadt, die nie schläft – zusammen ein unschlagbares Team, möchte man meinen. Doch wie sich mehr und mehr herausstellt, grassieren im Bundesstaat New York Korruption und Vetternwirtschaft. Nachdem Bundesstaatsanwalt Preet Bharara bereits zwei ehemalige Mitglieder des Kongresses in Albany, der Hauptstadt des Teilstaates, der Korruption überführt und hinter Gitter gebracht hat, hat sich der seit 2009 amtierende Jurist nun die Spitzen der Politik vorgenommen: den New Yorker Gouverneur Andrew Cuomo und New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio.Die Erfolge im Kampf gegen Korruption in Albany seien das Ergebnis einer unabhängigen Justiz, die nicht vorzeitig ihre Bemühungen einstelle, erklärte Bharara kürzlich. Das war ein klarer Seitenhieb auf Cuomos 2013 aus der Taufe gehobene Antikorruptionskommission, die auf wundersame Weise ein paar Monate später wieder eingestellt worden war. Ursprüngliche Ermittlungen Bhararas verliefen zunächst im Sand. Mit seiner erneuten Breitseite gegen Cuomo machte er nun aber klar, dass er den Gouverneur weiter im Visier hat.Konkrete Untersuchungen der Bundesbehörden und jener des Teilstaats laufen bereits gegen den New Yorker Bürgermeister. Insgesamt sind es fünf verschiedene, die von mindestens sechs Behörden angestrengt worden sind. Ein Teil der Ermittlungen dreht sich um Wahlkampffinanzierung. De Blasio hatte 2014 kräftig die Werbetrommel gerührt für zwei für den Senat kandidierende Demokraten. Beachtliche Summen einzelner Spender flossen über ein Wahlkampfkomitee an die beiden Kandidaten. Möglicherweise wurde so versucht, das Gesetz zu umgehen, das die Höhe direkter Zuwendungen einzelner Personen limitiert. Auch wird untersucht, ob die Spender von de Blasio oder seinen Mitstreitern Gegenleistungen für ihre großzügigen Gaben erhalten haben. Zudem wird de Blasio unter anderem in Zusammenhang gebracht mit einer schwelenden Korruptionsaffäre im New Yorker Police Department. Und schließlich wird untersucht, ob bei der für den Besitzer sehr lukrativen Aufhebung des Verkaufsverbots eines Altenheimes Korruption im Spiel war; einer der Manager hatte zuvor für de Blasios Wahlkampf gespendet. Viele der 109 Männer, die die Stadt seit 1665 geführt haben, mussten solche Untersuchungen über sich ergehen lassen – kaum jemand sah sich jedoch je mit multiplen Untersuchungen konfrontiert.Der Ruf New Yorks hat durch die jüngsten Verurteilungen der Politiker in Albany bereits sehr stark gelitten: Sheldon Silver, der langjährige Sprecher des Unterhauses des Teilstaates New York, war Anfang Mai zu einer Gefängnisstrafe von zwölf Jahren verurteilt worden, nachdem ihn eine Jury des Betrugs, der Erpressung und der Geldwäsche in mehreren Fällen schuldig gesprochen hatte. Und Anfang dieser Woche ist der frühere Senatspräsident Dean Skelos wegen ähnlicher Delikte zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt worden. John Samson, ehemaliger Fraktionschef der Demokraten im Senat des Teilstaates, wird sein Strafmaß am heutigen Donnerstag erfahren – auch auf ihn wartet eine langjährige Gefängnisstrafe. Das wäre der vorläufig letzte Fall in einer Reihe von rund einem Dutzend von Bharara angestrengten und meist gewonnenen Korruptionsprozessen gegen New Yorker Politiker.Ein generell nicht sehr vorteilhaftes Licht auf die New Yorker Politikszene wirft auch der am Freitag in die New Yorker Kinos kommende Dokumentarfilm über den Ex-Bürgermeisterkandidaten und Widersacher de Blasios, Anthony Weiner. Die damals zunächst sehr erfolgversprechende Kandidatur des knapp 50-Jährigen erfuhr im Jahr 2013 ein jähes Ende, als bekannt wurde, dass das ehemalige Mitglied des US-Repräsentantenhauses mit einer Dame über soziale Medien Fotos mit sexuellem Inhalt ausgetauscht hatte; eine ähnliche Affäre hatte ihm bereits ein paar Jahre zuvor den Posten des Bundesabgeordneten gekostet. Der ehemalige Starpolitiker ist seit der jüngsten Eskapade in der Bedeutungslosigkeit verschwunden. Die damalige Cyberspace-Geliebte Weiners, die den Dokumentarfilm bereits in einer Vorschau gesehen hat, kommentierte die Ereignisse von 2013 laut “New York Times” lakonisch: “Ich bereue nichts. Ich war 22.”