EU-Finanzminister einigen sich auf neue Schuldenregeln
EU-Länder einig über Schuldenregeln
Gemeinsame Position für Schlussverhandlungen mit Parlament – Schutzklauseln vereinbart
fed Frankfurt
Europas Finanzminister haben sich nach wochenlangen Diskussionen auf eine gemeinsame Position über eine Reform des Stabilitäts- und Wachstumspakts verständigt, mit der sie nun in die abschließenden Verhandlungen mit dem EU-Parlament gehen. Erklärtes Ziel ist es, noch vor dem Ende der Legislaturperiode des EU-Parlaments eine finale Einigung zu erzielen. Dafür ist es notwendig, dass die Verhandlungen bis März oder April beendet sein werden. Denn die letzte Plenarsitzung des EU-Parlaments ist Ende April angesetzt.
Spaniens Finanzministerin Nadia Calviño zeigte sich erleichtert darüber, dass es gelungen ist, noch kurz vor Abschluss der spanischen Ratspräsidentschaft einen Kompromiss unter den Regierungen zu schmieden. Insbesondere Deutschland und Frankreich konnten sich lange Zeit nicht auf eine gemeinsame Linie verständigen.
Der Kompromiss sieht vor, dass es einerseits "Sicherheitslinien" gibt, auf die vor allem die Bundesregierung bestanden hatte. So wird die Begutachtung der Haushaltspolitik nicht dem bilateralen Austausch zwischen der EU-Kommission und den einzelnen EU-Mitgliedstaaten überlassen. Vielmehr gibt es numerische Vorgaben, die das Verfahren versachlichen sollen. Zudem sind im Kompromiss Puffer vorgesehen, die dafür sorgen sollen, dass ein EU-Staat in guten Zeiten die Möglichkeit einer Neuverschuldung um 3% nicht komplett ausnutzt, um dann diese Schwelle zu überschreiten, falls doch noch finanzpolitische Probleme auftauchen.
Mehr Zeit für Schuldenrückführung
Im Gegenzug stimmte die Bundesregierung bestimmten Schutzklauseln zu, die hochverschuldeten Staaten erlauben sollen, sich mehr Zeit für die Rückführung ihrer Schulden zu nehmen, wenn sie zu Reformen bereit sind oder grüne und digitale Investitionen finanzieren. EU-Vizepräsident Valdis Dombrovskis erklärte am Mittwochabend nach der Videokonferenz, es gebe eine Verständigung darüber, für den Abbaupfad unter bestimmten Bedingungen sieben statt vier Jahre in Anspruch zu nehmen.
"Wir haben die Voraussetzungen geschaffen, dass der Schuldendienst nicht dringend notwendige Investitionen verdrängt", erklärte Calviño – insbesondere auch dann, wenn der Schuldendienst durch eine Erhöhung der Kapitalmarktzinsen schwieriger werde. Die Ministerin, die demnächst als Präsidentin zur Europäischen Investitionsbank wechselt, unterstrich, dass es auch künftig einheitliche Schwellenwerte geben werde: "Die 3% bleiben erhalten." Sie lobte die Verständigung als "großartige Einigung zum richtigen Zeitpunkt".
Dombrovskis wiederum hob hervor, dass der Zeitdruck trotz der Verständigung hoch bleibe. "Wir haben keine Zeit zu verlieren", sagte der Lette. Denn es sei wichtig, dass die Verhandlungen über die für Europa so wichtigen gemeinsamen Haushaltsregeln nicht mit dem Parlament, das im Juni gewählt wird, neu aufgenommen werden müssen.
Mit Blick auf mögliche Sanktionen gegen EU-Defizitsünder erklärte der Vizepräsident der EU-Kommission, Strafen seien auch in Zukunft nur "der letzte Ausweg". Er bestätigte, dass es künftig möglich sein solle, auch kleinere Sanktionen anzuwenden. Zugleich sagte er zu, die Kapazitäten des jeweils betroffenen Landes bei der Bewertung von dessen Haushaltspolitik berücksichtigen zu wollen. Abschließend lobte er, dass der vorgelegte Kompromiss, der sich spürbar von dem ursprünglichen Entwurf der EU-Kommission unterscheidet, für mehr haushaltspolitische Transparenz sorge und alle Mitgliedstaaten gleich behandele. Außerdem befürworte er die eingebauten Absicherungen, die mehr Flexibilität ermöglichten.