EU-Firmen schätzen Geschäftschancen in China pessimistischer ein
Stimmungstief bei EU-Firmen in China
Geschäftsklima wird pessimistischer eingeschätzt – Zögerlichere Investitionsanbahnung
nh Schanghai
Eine wachsende Anzahl von europäischen Unternehmen mit China-Aktivitäten schätzt das Geschäftsklima vor Ort negativ ein. Dies zeigt die am Mittwoch vorgestellte jährliche Erhebung der European Union Chamber of Commerce in China. So stehen die insgesamt 570 Teilnehmer an der Business Confidence Survey auch nach der im Winter erfolgten Aufhebung der zuvor weitreichenden Corona-Restriktionen vor mannigfaltigen Beeinträchtigungen, die ihr Geschäftsvertrauen untergraben und sie bei der Planung neuer Investitionen defensiver vorgehen lassen.
Als Hauptfaktoren für die Stimmungseintrübung bei den in China engagierten Firmen gelten einerseits verschärfte Marktbarrieren und bürokratische Hindernisse sowie geopolitische Spannungen, die von laufenden Streitigkeiten zwischen China und den USA geprägt sind. Andererseits bekommen sie auch die eingetrübte Konjunktur negativ zu spüren. So wurden die hochgesteckten Erwartungen in Sachen breite und nachhaltige Erholung nach Abkehr von der Null-Covid-Politik bislang nicht erfüllt und es wachsen die Sorgen, dass China nicht mehr an die vor der Pandemie gewohnte Wachstumsdynamik anknüpfen kann.
Bei der zentralen Frage nach der Veränderung des Geschäftsklimas haben 64% der Befragten angegeben, dass ihre Situation schwieriger geworden ist. Das bedeutet den bislang höchsten Wert. Im vergangenen Jahr lag der Anteil mit 60% bereits sehr hoch, während er vor der Pandemie zwischen 47 und 56% lag. Passend dazu befinden 60% der Teilnehmer, dass sich ihr Geschäftsumfeld in China in den vergangenen Jahren zunehmend „politisiert“ hat und dadurch Schwierigkeiten bereitet.
Auflagen sorgen für Ungemach
Heikel ist die Situation für europäische Firmen, wenn sie wegen der Konflikte zwischen China und den USA von Auflagen betroffen sind. Bestimmte Produkte dürfen je nach Destination oder Herkunft keine amerikanischen oder chinesischen Komponenten beinhalten. Hinzu kommen immer aufwendigere Auflagen zur sogenannten Cybersicherheit. Die Pekinger Regeln verlangen den Firmen getrennte IT- und Datenverarbeitungswelten für ihr China-Geschäft ab und gehen aufgrund ihrer unklaren Formulierung mit erhöhter Rechtsunsicherheit einher. Dies führt nicht nur zu zusätzlichen Kosten, sondern verändert auch das Risikokalkül zum künftigen Auftritt in China.
Der Anteil der EU-Firmen, die wegen Risiken Investitionen aktiv aus China herausverlagert haben, ist mit 11% unverändert gering geblieben. Allerdings betonen weitere 20%, dass sie entweder über eine Verlagerung von Investitionen in andere Länder nachdenken, oder aber solche Entscheidungen mit Blick auf die unsichere Risikolage zeitlich hinauszögern. Auch wenn für das Gros der EU-Unternehmen ein Rückzug allein schon wegen der Bedeutung des Marktes nicht in Frage kommt, lässt sich aus der neuen Umfrage eine Schwächung der Standortattraktivität Chinas im globalen Abgleich herauslesen. Der Anteil der Befragten, die China im globalen Kontext als einen der drei wichtigsten Standorte für künftige Investitionen ihres Konzerns ansehen, hat sich im Vergleich zum Vorjahr empfindlich von 68 auf 55% reduziert und damit den mit Abstand bislang niedrigsten Wert erreicht.