EU-Gipfel löst Haushaltsstreit
Die EU-Staats- und Regierungschefs haben im Streit mit Polen und Ungarn einem Kompromiss zugestimmt, der die Blockade des nächsten Haushaltsrahmens und des Wiederaufbaufonds löst. Möglich wurde die Einigung durch eine Zusatzerklärung zum umstrittenen neuen Rechtsstaatsinstrument.ahe Brüssel – Polen und Ungarn haben ihr Veto gegen das 1,8-Bill.-Euro-Finanzpaket der EU aufgegeben und akzeptieren auch die künftige Verknüpfung der EU-Gelder mit einem Rechtsstaatsmechanismus. Im Gegenzug, so vereinbarten die EU-Staats- und Regierungschefs gestern in Brüssel, wird es eine Zusatzerklärung zu dem neuen Instrument geben, wonach dieses erst nach einer Überprüfung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) angewandt wird. Diesen Kompromiss hatte die deutsche EU-Ratspräsidentschaft zuvor mit den Regierungen in Warschau und Budapest ausgehandelt.EU-Ratspräsident Charles Michel bestätigte am Abend während der noch laufenden Gipfelsitzung den Deal auf Twitter: “Jetzt können wir mit der Implementierung beginnen und unsere Volkswirtschaften wieder aufbauen.” Das wegweisende Recovery-Paket werde den grünen und digitalen Wandel vorantreiben. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte bereits vor Beginn des Gipfels betont, es wäre “ein sehr wichtiges Zeichen auch für die Handlungsfähigkeit der Europäischen Union, wenn wir dieses wichtige Ergebnis erzielen könnten”.Die Blockade von Polen und Ungarn hatte in den vergangenen Wochen die Verabschiedung sowohl des nächsten – bereits ausgehandelten – mehrjährigen EU-Haushaltsrahmens und des Budgets für 2021 als auch des 750 Mrd. Euro großen Corona-Wiederaufbaufonds verhindert. Jetzt soll es schnell gehen: Die Abstimmung der EU-Botschafter zu Rechtsstaatsmechanismus und Haushaltspaket wird bereits für den heutigen Freitag erwartet. Auch EU-Parlament zufriedenAnschließend werden die Unterlagen gleich an das Europäische Parlament weitergeleitet, wo am Montag und Dienstag der Haushaltsausschuss tagt. Ohne Einigung hätte die EU mit einem Nothaushalt in das Jahr 2021 gehen müssen.Im EU-Parlament wurde die Einigung grundsätzlich begrüßt. Vertreter verschiedener Fraktionen verwiesen darauf, dass der Gesetzestext zum Rechtsstaatsmechanismus unverändert bleibe und dass die politische Zusatzerklärung der Staats- und Regierungschefs zu dem Instrument unverbindlich sei. Die Fraktionsvorsitzenden der demokratischen Fraktionen im Parlament fordern die EU-Kommission in einer Deklaration dazu auf, in vollständiger Unabhängigkeit ihr Initiativrecht im Rahmen der Gesetzgebung ernst zu nehmen. Die Kommission muss zu dem umstrittenen Rechtsstaatsinstrument noch Richtlinien für dessen Anwendung vorlegen.Vor der Haushaltseinigung hatte es auf der Gipfeldebatte über eine deutliche Verschärfung des EU-Klimaziels bereits eine breite Zustimmung gegeben, wie aus Teilnehmerkreisen verlautete. Der offizielle Beschluss stand noch aus. Die vorbereitete Gipfelerklärung sah vor, dass die EU bis 2030 ihre Treibhausgase um 55 % im Vergleich zu 1990 senkt. Bisher liegt das Ziel bei lediglich minus 40 %.Die Staats- und Regierungschefs bemühen sich zudem weiter um eine bessere Zusammenarbeit bei ihren Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie. In der Abschlusserklärung zu dem Thema hieß es, man begrüße die bisherige Koordinierung auf EU-Ebene und bekenne sich dazu, die Bemühungen zu verstärken. Insbesondere bei den möglichen Lockerungen der bisherigen Reisebeschränkungen wolle man zusammenarbeiten, sobald es die gesundheitliche Situation erlaube.Merkel und ihre Amtskollegen mahnten zugleich zur Vorsicht: Wenn bald Impfstoffe eingesetzt werden könnten, heiße das nicht, die Pandemie sei vorbei. Die epidemiologische Situation bleibe besorgniserregend. Der Austausch über Corona solle intensiviert werden.