EU-Gipfel ringt um neuen Brexit-Termin

Stimmen für längeren Aufschub - Macron bleibt bei harter Haltung - Wahlteilnahme weiter umstritten

EU-Gipfel ringt um neuen Brexit-Termin

ahe Brüssel – Auf dem Brexit-Sondergipfel der EU-Staats- und Regierungschefs zeichnete sich gestern Abend eine längere Verschiebung des Austrittstermins ab. Das Treffen in Brüssel war zu Redaktionsschluss noch nicht beendet. Bundeskanzlerin Angela Merkel hatte vor ihrer Abreise zum Gipfel aber bereits im Bundestag gesagt: “Es kann gut sein, dass es eine längere Verlängerung als die von der britischen Premierministerin erbeten ist.” Im Gespräch war zu Beginn des Treffens eine mögliche Verschiebung bis Jahresende. Merkel betonte, ihr oberstes Interesse sei weiterhin ein geordneter Austritt Großbritanniens und zugleich die Einigkeit der 27 verbleibenden EU-Staaten.Über die Länge des Aufschubs gab es allerdings unterschiedliche Vorstellungen. Der französische Präsident Emmanuel Macron beharrte vor Beginn des Treffens erneut auf harten und klaren Bedingungen, die Großbritannien zu erfüllen habe. Die Handlungsfähigkeit der EU dürfe nicht beeinträchtigt werden und Großbritannien müsse Klarheit über den Zweck des Aufschubs schaffen, so Macron. “Noch ist alles offen”, sagte er beim Eintreffen in Brüssel.Macron erinnerte daran, dass man mit Großbritannien nun schon seit 2016 über den Austritt verhandele und dass die EU ihre eigenen Interessen wahren müsse. Zudem gelte es das demokratische Prinzip zu respektieren, dass sich die Briten für einen EU-Austritt entschieden hätten.Auch andere Regierungschefs zeigten sich skeptisch gegenüber einer längeren Verschiebung, wie sie etwa auch von EU-Ratspräsident Donald Tusk angeregt worden war. Der schwedische Ministerpräsident Stefan Löfven äußerte sich “frustriert” über die lange Hängepartie, wollte einer Verschiebung aber dennoch zustimmen. Und Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz plädierte für eine “möglichst kurze Verlängerung”. Es sei absurd, wenn Großbritannien an der Europawahl Ende Mai teilnehmen würde.Die britische Premierministerin Theresa May wollte bei dem Gipfel für eine Verlängerung der Austrittsfrist bis zum 30. Juni werben. Sie pochte in Brüssel allerdings auch darauf, dass der Austritt noch vor dem Beginn der Europawahl am 23. Mai zu schaffen sei. Zur Sicherheit wolle sie aber auch die Vorbereitungen für die Wahl einleiten. Das hatte die EU-27 unter anderem als Bedingung für eine erneute Verschiebung formuliert. Die Wahlteilnahme soll sicherstellen, dass es keine rechtlichen Schwierigkeiten gibt, wenn Großbritannien im Sommer noch EU-Mitglied sein sollte.Eine weitere Bedingung für eine Brexit-Verschiebung sollte einem Entwurf der Gipfel-Abschlusserklärung zufolge auch sein, dass sich die britische Regierung verpflichtet, im Rat der Mitgliedsländer nach der Wahl nicht mehr aktiv in EU-Entscheidungen einzugreifen. Relevant könnte dies bei der Auswahl des nächsten EU-Kommissionschefs oder den Verhandlungen über den mittelfristigen Finanzrahmen für die Jahre 2021 bis Ende 2027 sein.Diese Forderung ist allerdings rechtlich umstritten. Im Entwurf heißt es, Großbritannien müsse sich bereiterklären, bis zum endgültigen Austritt “konstruktiv” und “verantwortungsvoll” zu handeln. Das Land müsse alles unterlassen, was die Erreichung der von der EU gesteckten Ziele in Gefahr bringe.Das britische Parlament muss einer weiteren Verlängerung der Brexit-Frist nach Angaben der britischen Regierung nicht noch einmal zustimmen. May will das Gipfelergebnis aber dem Unterhaus vorstellen.