EU knöpft sich Steuerschlupfloch vor

Brüssel macht sich für Korrektur der Regeln für Mutter- und Tochtergesellschaften stark

EU knöpft sich Steuerschlupfloch vor

Für Unternehmen in der Europäischen Union soll es in Zukunft schwieriger werden, Steuerzahlungen zu vermeiden, indem sie geschickt konzernintern Geld hin- und herbuchen.fed Brüssel – EU-Kommissar Algirdas Semeta hat die Änderung einer EU-Richtlinie vorgeschlagen, die das Zusammenspiel von Mutter- und Tochtergesellschaften in verschiedenen Ländern regelt. Konkret geht es um eine Praxis einiger international tätiger Firmen, die die EU-Kommission zusehends verärgert.Der Mutterkonzern reicht einen Kredit in Form einer Hybridanleihe an eine Tochter im Nachbarland aus und erhält in den Folgejahren Rückzahlungen, die eng an den Unternehmensgewinn gekoppelt sind und deshalb wie Dividenden erscheinen. Die Mutter kann daher einerseits eine Ausgabe geltend machen und somit ihre Steuerlast drücken. Da sie aber andererseits die Rückzahlungen in den Folgejahren nicht als Einnahmen, sondern als (steuerbefreite) Dividenden bewerten lässt, geht der Fiskus bei der Tilgung leer aus. In anderen Worten: Aus einer Regelung, die zur Vermeidung von Doppelbesteuerung erfunden wurde, haben listige Firmenberater ein Vehikel zur “doppelten Nichtbesteuerung” gemacht. Das will sich die EU-Kommission nicht gefallen lassen.Die EU-Behörde schlägt vor, dass der Fiskus im Sitzland der Muttergesellschaft bei solchen Konstruktionen künftig durchaus Steuern verlangen darf. Zudem will EU-Kommissar Semeta die nationalen Regierungen dazu bringen, Missbrauchsbestimmungen in ihrer Steuergesetzgebung zu verankern. So sollen Finanzbeamte das Recht haben, erkennbar “künstliche Gestaltungen” von Firmen, die allein der Steuervermeidung dienen, nicht anzuerkennen.EU-Beamte stellen klar, dass der aktuelle Änderungsvorschlag allenfalls indirekt mit den zuletzt schlagzeilenträchtigen Fällen Google, Apple &Co. und deren Verlagerung von Lizenzen und Patenten in EU-Staaten mit niedrigen Steuersätzen zu tun hat. Auch widersprechen EU-Experten dem Eindruck, dass das bisher geltende Recht anscheinend durch simple Tricks zu überlisten sei. Um die Steuer via Hybridanleihe zu umgehen, müsse man schon einen gewissen Aufwand betreiben. “Da brauchen sie schon etwas mehr als eine Briefkastenfirma”, heißt es in der EU-Behörde. Andererseits schmerzt es die EU-Beamten, beobachten zu müssen, dass einmal erprobte Modelle von anderen Firmen kopiert würden. “Steuerberater nutzen natürlich ihre Erfahrungen beim nächsten Kunden wieder neu”.Noch gibt es erhebliche Zweifel, ob Semeta mit seinen Ideen innerhalb der EU tatsächlich durchkommt. Immerhin ist Einstimmigkeit notwendig. Länder wie die Niederlande, deren Finanzämter von einigen steuermindernden Strategien von Unternehmen profitieren, dürften sich mit einer Zustimmung gewiss schwer tun.—– Wertberichtigt Seite 8