EU-Kommission plant Schnellverfahren für Quellensteuer
Schnellverfahren für Quellensteuer geplant
EU-Kommission: Anleger sollen zu viel gezahlte Steuern für Dividenden und Zinsen leichter erstattet bekommen
rec Brüssel
Doppelbesteuerungsabkommen sollen verhindern, dass Anleger zu viel auf Dividenden und Zinsen an den Staat abdrücken. In der Praxis scheitern sie in der EU häufig an einem Wildwuchs komplizierter Erstattungsverfahren, wie eine Befragung im Auftrag von Anlegerschützern zeigt. Die EU-Kommission will das ändern.
Die EU-Kommission arbeitet an der Einführung von Schnellverfahren, damit Anleger zu viel gezahlte Steuern auf Dividenden und Zinsen einfacher zurückbekommen. Hinter den geplanten Vorschriften steckt das Ziel, grenzüberschreitende Investitionen an den europäischen Aktienmärkten zu fördern. Anleger könnten auf diese Weise rund 5 Mrd. Euro pro Jahr an Steuern sparen, schätzt die EU-Kommission.
Wer in einem anderen EU-Staat in Aktien investiert, muss häufig doppelt Steuern zahlen: im Heimatland auf Kapitalerträge beziehungsweise Einkommen, im anderen die Quellensteuer. Es gibt zwar zahlreiche Doppelbesteuerungsabkommen, die das verhindern sollen. Allerdings hält die EU-Kommission die vielen unterschiedlichen Verfahren zur Erstattung für „langwierig, kostspielig und umständlich“.
Wie gravierend die praktischen Probleme sind, zeigt eine frische Studie von Better Finance und Deutscher Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW). Die Anlegerschützer haben mehr als 3.000 Investoren überwiegend aus Deutschland zu ihren Erfahrungen mit der Quellensteuer befragt. Ergebnis: Zwei Drittel der Anleger versuchen gar nicht erst, sich zu viel gezahlte Steuern erstatten zu lassen. Von den anderen ist gerade einmal knapp die Hälfte erfolgreich.
Better Finance und DSW haben auch nach den Gründen gefragt. Demnach halten drei Viertel der Befragten die Verfahren zur Erstattung der ausländischen Quellensteuer für sehr schwierig oder schwierig (siehe Grafik). Einer Minderheit, die sich Unterstützung von Banken oder anderen Finanzdienstleistern holt, fällt das nach eigener Auskunft kaum leichter.
Banken eingebunden
Die EU-Kommission erkennt in Umfragen wie dieser dringenden Handlungsbedarf. Sie will dafür sorgen, dass Anleger ab 2027 überall in der Europäischen Union die Wahl haben: Entweder greift bereits an der Quelle der ermäßigte Steuersatz, also sobald Dividenden und Zinsen ausgezahlt werden. Oder der Anleger bekommt zu viel gezahlte Steuern nachträglich in einem einheitlichen Schnellverfahren erstattet.
Ermöglichen soll das ein gemeinsamer digitaler Nachweis über den steuerlichen Wohnsitz. EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni will die nationalen Steuerbehörden in die Pflicht nehmen, diesen auf Antrag binnen eines Tages auszustellen. Außerdem lautet sein Auftrag an die EU-Staaten, mindestens eines der beiden Schnellverfahren anzubieten.
Dafür will die EU-Kommission Finanzinstitute als Dienstleister einbinden. Kleinanleger werden das Schnellverfahren den Plänen zufolge nur als Kunde einer teilnehmenden Bank nutzen können. Die größten Banken in der EU will Brüssel in die Pflicht nehmen, dem Vernehmen nach circa 200 Institute. Alle kleineren Banken können ebenfalls teilnehmen.
Voraussetzung: Sie müssen der zuständigen Steuerverwaltung die Ausschüttung von Dividenden und Zinsen melden. Diese Meldepflicht soll milliardenschweren Missbrauch zulasten der Staatskasse wie im Cum-ex-Skandal verhindern. Anleger müssen Aktien zudem mindestens zwei Tage vor der Auszahlung der Dividende erwerben, um die Schnellerstattung in Anspruch nehmen zu können. Auch das ist eine Lehre aus dem Cum-ex-Skandal, um krumme Geschäfte rund um den Dividendenstichtag zu unterbinden.
Beim Anlegerverband Better Finance ist man angetan. Ein Sprecher begrüßt insbesondere Schnellverfahren im Moment der Dividendenzahlung. Er bemängelt jedoch, dass die EU-Staaten alternativ auf die Schnellerstattung im Nachhinein ausweichen können. Außerdem befürchtet man bei Better Finance, dass Banken hohe Gebühren in Rechnung stellen. Bis zu einer Erstattung von 5.000 Euro sollten Anleger deshalb Schnellverfahren auf eigene Faust nutzen können.
Änderungen dürfen nun EU-Parlament und nationale Regierungen einbringen.