Konjunktur in Europa

EU-Kommission wird pessimistischer

Konjunkturell fehlen vor allem Deutschland die Impulse: Das macht die Wachstumsprognose der EU-Kommission deutlich. Beim Abbau von Schulden und Defiziten sieht sie Probleme auf die Regierungen zukommen.

EU-Kommission wird pessimistischer

EU-Kommission wird pessimistischer

Wachstumsprognosen fallen verhaltener aus – Vor allem Deutschland lahmt – Schuldenabbau wird problematischer

Konjunkturell fehlen in Europa vor allem Deutschland die Impulse: Das macht die Herbstprognose der EU-Kommission deutlich. Die Behörde hat ihre Wachstumserwartungen zum zweiten Mal nacheinander heruntergeschraubt. Beim Abbau von Schulden und Defiziten sieht sie Probleme auf die Regierungen zukommen.

rec Brüssel

Die Volkswirte der EU-Kommission werden pessimistischer, wenn es um die Wirtschaftslage in Europa geht. Sie haben zum zweiten Mal nacheinander ihre Wachstumsprognosen gesenkt. Der größten Volkswirtschaft Deutschland trauen sie kommendes Jahr nur noch ein Plus von 0,8% vor, der Eurozone 1,2%. Zudem sehen sie Probleme beim Schuldenabbau auf die Regierungen zukommen.

Im zu Ende gehenden Jahr sieht es besonders trübe aus: Deutschland dürfte als einzige große Volkswirtschaft schrumpfen. Das ist trotz minimaler Aufwärtsrevision auf −0,3% kaum mehr abzuwenden. Die Eurozone als Ganzes kommt der Prognose zufolge zwar ohne Rezession durch dieses "herausfordernde Jahr" (Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni). Das Plus dürfte mit 0,6% aber mauer ausfallen als im September mit 0,8% angenommen.

Kroatien wächst mit Euro

Ein Lichtblick ist der Euro-Neuling Kroatien: Das zwanzigste Mitglied steuert im ersten Jahr seiner Zugehörigkeit zur Währungsunion auf ein Wachstum von 2,6% zu. Der Prognose aus Brüssel zufolge dürfte Kroatien dieses Wachstumstempo verstetigen (siehe Grafik). Bulgarien, das die Einführung des Euro 2025 anstrebt, wächst demnach ähnlich solide.

Mit Blick auf andere große Volkswirtschaften der Eurozone schneiden Spanien und Frankreich deutlich besser ab als Deutschland. In Italien dürfte es nach einem Wachstum von 0,7% in diesem Jahr auf absehbare Zeit ähnlich schleppend vorangehen wie hierzulande: In der Prognose für 2025 teilen sich Deutschland und Italien mit einer Wachstumsrate von jeweils 1,2% den letzten Platz in der Eurozone.

Kaum Impulse vom Export

Besorgniserregend nimmt sich aus Sicht der deutschen Wirtschaft vor allem aus, dass es an Impulsen aus der Weltwirtschaft fehlt. Die EU-Kommission konstatiert rückläufige Exporterlöse, weil die wichtigsten Handelspartner schwächelten. Für die deutsche Volkswirtschaft ist das ein besonderes Problem, weil die Unternehmen überdurchschnittlich stark auf das Exportgeschäft angewiesen sind.

Laut Deutscher Industrie- und Handelskammer (DIHK) droht sich die Lage weiter zu verschlechtern. "Immer mehr deutsche Unternehmen sehen sich im Außenhandel mit neuen Hürden konfrontiert, die ihre Geschäfte enorm belasten", warnt DIHK-Außenwirtschaftschef Volker Treier. Gerade im Handel mit China, Indien und der Türkei seien bürokratische Nachweispflichten an der Tagesordnung. DIHK-Umfragen zufolge klage jedes zweite deutsche Unternehmen mit Auslandsgeschäft über neue Handelshemmnisse durch Zölle oder andere Barrieren. 

Nach jüngsten Erfolgen beim Abbau der Staatsverschuldung sieht die EU-Kommission gewisse Probleme auf die EU-Staaten zukommen. Die durchschnittliche Schuldenquote dürfte der Prognose zufolge dieses Jahr auf 83% der Wirtschaftsleistung zurückgehen und perspektivisch auf 79%. Allerdings dürfte die Verschuldung dann auf diesem Niveau, das höher liegt als vor der Corona-Pandemie, verharren.

Ausschlaggebend ist eine Mischung aus nachlassender Inflation, gestiegenen Zinskosten und gedämpftem Wachstum. Die zwischenzeitlich hohe Inflation hat Bruttoinlandsprodukt und Steuereinnahmen aufgebläht, was die Schuldenquoten gesenkt und Haushaltsdefizite verringert hat. Das ändert sich nun. Im Ergebnis dürften sich etliche Regierungen schwertun, die Neuverschuldung im vereinbarten Rahmen zu halten.

Wertberichtigt Seite 2
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