EU macht Italien Hoffnungen

Barroso "sehr zuversichtlich" für Ende des Defizitverfahrens - Letta pocht auf Beschäftigungsmaßnahmen

EU macht Italien Hoffnungen

EU-Kommissionschef José Manuel Barroso ist optimistisch, dass Italien seinen Sparkurs fortsetzt. Er stellte dem neuen Premier Enrico Letta bei dessen Antrittsbesuch in Aussicht, das Defizitverfahren zu beenden. tkb/fed Mailand/Brüssel – Italiens neuer Ministerpräsident Enrico Letta bekräftigte in Brüssel, dass er die Vorgaben für die Neuverschuldung, so wie von der Vorgängerregierung zugesagt, einhalten wolle. Seine Regierung muss in den nächsten Wochen der EU-Kommission vortragen, wie das passieren soll – zumal angesichts politischer Korrekturen bei einzelnen Steuern der Bedarf an Maßnahmen, die das Defizit begrenzen, gestiegen ist. EU-Kommissionschef Barroso erklärte nach einem Treffen mit Letta: “Ich bin sehr zuversichtlich, dass das Defizitverfahren, sofern die haushaltspolitischen Details vorliegen, abgeschlossen werden kann.”Am heutigen Freitag wird EU-Kommissar Olli Rehn neue Prognosen für alle 27 EU-Staaten – und somit auch für Italien – präsentieren. Nach früheren EU-Schätzungen bleibt Italiens Neuverschuldung in diesem und im nächsten Jahr deutlich unter 3 % der Wirtschaftsleistung. Damit wäre die Voraussetzung für einen Abschluss des Verfahrens geschaffen. Letta machte auf entsprechende Fragen deutlich, er strebe bisher nicht an, sich von Brüssel mehr Zeit geben zu lassen, um die Neuverschuldung herunterzufahren – so wie es Spanien und Frankreich für sich wünschen.Allerdings verlangt Letta, dass die EU bereits auf dem Juni-Gipfel ein klares Signal für wesentlich ehrgeizigere Maßnahmen gegen die Arbeitslosigkeit beschließt. Der Italiener besteht somit auf eine europäische Politik gezielter Wachstumsimpulse. OECD skeptischerAuch Italiens neuer Finanzminister Fabrizio Saccomanni kündigte an, dass sein Land keine Lockerung des Stabilitätspakts fordere. Die mit der EU ausgemachten Ziele für den Schuldenabbau sollten nicht neu verhandelt werden, sagte er anlässlich der Präsentation des OECD Vorschauberichtes in Rom. Dieser fiel negativer aus, als von Volkswirten erwartet worden war. Die OECD-Experten haben die Schuldenprognosen revidiert. Die Gesamtschulden Italiens sollen im laufenden Jahr 131,5 % des BIP und 2014 sogar 134 % erreichen. Das ist deutlich mehr, als in der bisherigen Schätzung der Regierung vorgesehen war. Auch das Haushaltsdefizit soll sich 2013 bei 3,3 % statt den ursprünglich geplanten 2,9 % einpendeln, um dann 2014 gar auf 3,8 % zu steigen.Grund für die Revision ist vor allem das ausbleibende Wachstum. Die OECD-Experten sehen erst zu Jahresende 2013 eine gewisse Trendwende. 2013 werde Italiens Wirtschaft um 1,5 % zurückfallen, und erst 2014 ist eine zaghafte Erholung von 0,5 % zu erwarten. Die von Ex-Regierungschef Mario Monti Ende April präsentierte Finanzplanung sah noch mehr als 1 % im kommenden Jahr vor.Saccomanni gab sich trotz des negativen Ausblicks zuversichtlich. “Wir haben das Schlimmste überstanden.” Die durch das politische Interregnum bedingte Verunsicherung der Wirtschaft sei beendet. Sollte die EU das Verfahren gegenüber Italien wegen seines übermäßigen Haushaltsdefizits einstellen, dann würden im Zeitraum 2013 bis 2015 bis zu 12 Mrd. Euro freigesetzt werden. Dies könnte die Investitionen stimulieren und der Wirtschaft eine gewisse Verschnaufpause gönnen. Weitere positive Signale kommen von der bereits beschlossenen Rückzahlung der öffentlichen Verwaltung an Italiens Unternehmen (40 Mrd. Euro). Saccomanni kritisiert die OECD, weil sie diese beiden Tatsachen ignoriere.Die EU-Kommission wird am 29. Mai entscheiden, welche Empfehlung sie für die Defizitverfahren abgibt. Ein Abschluss des Verfahrens gegen Italien würde sich positiv auf das Rating auswirken. Der Schatzminister versprach, auch die von der Regierung Monti eingeleiteten Reformen fortzusetzen. Die wichtigsten Maßnahmen betreffen in den nächsten Wochen nicht nur den Arbeitsmarkt, sondern auch die Refinanzierung der Lohnausgleichskasse. Die zur Diskussion stehende Rückzahlung oder Neuberechnung der Immobiliensteuer ist sowohl für die OECD wie auch für den Minister “nicht von vorrangiger Bedeutung”.