EU und Türkei ringen um Neustart
Die Spitzen von EU-Kommission und -Rat haben sich mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan getroffen, um Auswege aus der aktuellen Krise zu finden. Kommissionschefin Ursula von der Leyen sieht die EU in der Flüchtlingsfrage besser aufgestellt als 2015 und kündigt für April einen Migrationspakt an.ahe Brüssel – Im innereuropäischen Streit um eine gemeinsame Flüchtlingspolitik hat EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen neuen Kompromissvorschlag angekündigt. Direkt nach Ostern will sie einen “europäischen Pakt für Migration” vorstellen, kündigte die CDU-Politikerin gestern in Brüssel an, ohne hierzu Details zu nennen. Sie betonte aber, die EU sei heute in der Flüchtlingsfrage besser aufgestellt als noch 2015 und habe von damals “viel gelernt”.Von der Leyen stellte klar, dass jetzt als Erstes die Situation auf den griechischen Inseln verbessert sowie sowohl in Griechenland als auch der Türkei der “Druck auf die Grenzen” verringert werden müsse. Das Recht auf Asyl, das die Regierung in Athen vorübergehend ausgesetzt hatte, müsse erhalten bleiben. Nach Angaben von der Leyens wollen neben Deutschland auch Frankreich, Luxemburg und Portugal unbegleitete Minderjährige aus den griechischen Lagern aufnehmen.Gemeinsam mit EU-Ratspräsident Charles Michel traf von der Leyen gestern Abend in Brüssel mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan zusammen, um die Zukunft des Flüchtlingsabkommens von 2016 sowie einen Neustart in den Beziehungen zu sondieren. Nach Angaben von der Leyens sind keine schnellen Lösungen zu erwarten. Man stehe erst am Anfang eines Dialogs. Auch zu möglichen zusätzlichen Zahlungen an die Türkei äußerte sie sich nicht. Erdogan betonte: “Wir wollen die Beziehungen zwischen der Türkei und Europa, so Gott will, deutlich stärken.” Positives 100-Tage-FazitTrotz der neuen Flüchtlings- und der Coronavirus-Krise zog von der Leyen im Vorfeld des EU-Türkei-Gipfels ein positives Zwischenfazit ihrer bisherigen Amtszeit. Ihre Kommission habe eine “positive Agenda für Europa” entwickelt, betonte sie und verwies in diesem Zusammenhang auch auf die Außenpolitik. “Wir wollen den geopolitischen Einfluss der EU stärken. Wir haben in diesen ersten 100 Tagen einen guten Anfang gemacht und werden jeden Tag hart daran arbeiten, den nächsten Generationen von Europäern eine gute Zukunft vorzubereiten.”Außenpolitisch strebt die EU-Kommission auch eine neue Partnerschaft mit Afrika an. Gestern stellte die Brüsseler Behörde hierzu eine neue Strategie vor, die unter anderem vorsieht, dass beide Seiten gemeinsam an einem grünen Umbau der Wirtschaft arbeiten. Zudem möchte die EU-Kommission den digitalen Wandel in Afrika beschleunigen. Ökologische, soziale und nachhaltige Investitionen sollten gefördert und das Umfeld für Investitionen von Unternehmen verbessert werden. Zudem will sich die EU künftig auch mehr in die Friedens- und Demokratisierungsprozesse in Afrika einbringen. Bei einem Gipfel der EU mit der Afrikanischen Union im Oktober soll eine gemeinsame Strategie beschlossen werden.Nach Angaben der EU-Kommission ist die EU schon jetzt der größte Handels- und Investitionspartner Afrikas. Der Warenhandel zwischen den 27 EU-Staaten und dem afrikanischen Kontinent entsprach 2018 demnach einem Wert von 235 Mrd. Euro. Das sind 32 % des gesamten Handelsvolumens Afrikas. Der Handel mit China hatte zeitgleich einen Wert von 125 Mrd. Euro, der mit den USA von lediglich von 46 Mrd. Euro gehabt. – Leitartikel Seite 8