EuGH urteilt über Mehrwertsteuer-Befreiung

Regelung bei Zusammenschlüssen EU-rechtswidrig

EuGH urteilt über Mehrwertsteuer-Befreiung

op Luxemburg – Das deutsche Umsatzsteuergesetz ist hinsichtlich der Steuerbefreiung für Zusammenschlüsse von Selbstständigen mit der EU-Mehrwertsteuerrichtlinie nicht zu vereinbaren. Das entschied der Europäische Gerichtshof in Luxemburg (EuGH) gestern auf eine Klage der EU-Kommission gegen die Bundesrepublik Deutschland (Az. C-616/15).Meist handelt es sich bei solchen Zusammenschlüssen um Kostenteilungsgemeinschaften von Selbstständigen. Das deutsche Umsatzsteuergesetz sieht eine Steuerbefreiung nur für solche Zusammenschlüsse vor, deren Mitglieder Ärzte sind, heilberufliche Tätigkeiten oder Tätigkeiten im Bereich von Krankenhausbehandlungen und ärztlichen Heilbehandlungen ausüben. Die EU-Richtlinie enthält hingegen keine solche Beschränkung auf bestimmte Berufsgruppen. Sie sieht die Steuerbefreiung für Zusammenschlüsse jeglicher Personen vor, die von der Mehrwertsteuer befreit oder für die von ihnen ausgeübte Tätigkeit nicht steuerpflichtig sind. Erste Bedenken 2009Bereits 2009 hatte die EU-Kommission Bedenken gegen die deutsche Regelung geäußert. Die Bundesregierung hielt ihre restriktive Regelung jedoch für gerechtfertigt, weil alleine der nationale Gesetzgeber darüber zu entscheiden habe, welche Berufsgruppen in den Genuss der Mehrwertsteuer-Befreiung kommen sollen. Einige deutsche Gerichte hatten allerdings unter Berufung auf die EU-Regelung entgegen dem deutschen Gesetzeswortlaut auch Zusammenschlüssen von Pflegeeinrichtungen oder Krankenkassen die Steuerbefreiung zuerkannt.In seinem Urteil vom 21. September weist der EuGH zunächst darauf hin, dass die umstrittene Steuerbefreiung nur Zusammenschlüsse betrifft, deren Mitglieder dem Gemeinwohl dienende Tätigkeiten ausüben. Sie soll nämlich den Zugang zu bestimmten Dienstleistungen und die Lieferung bestimmter Gegenstände unter Vermeidung der höheren Kosten erleichtern, die durch die Mehrwertsteuer entstünden. Nach der EU-Richtlinie darf die vorgesehene Steuerbefreiung aber nicht auf Zusammenschlüsse beschränkt werden, deren Mitglieder Berufe im Gesundheitsbereich ausüben. Daher ist die deutsche Regelung mit dem EU-Recht nicht vereinbar.Die Behauptung Deutschlands, eine Steuerbefreiung außerhalb des Gesundheitsbereichs führe zu Wettbewerbsverzerrungen, weist der EuGH zurück. Gerade die Einschränkung auf den Gesundheitsbereich könne den Wettbewerb mit anderen dem Gemeinwohl dienenden Zusammenschlüssen verzerren. Im Übrigen hätten die Steuerbehörden jeden Einzelfall zu prüfen, um mögliche Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.