Euro-Geldmenge wächst rasant
rec Frankfurt – Die in Reaktion auf die Corona-Pandemie weiter gelockerte Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) hat das stramme Wachstum der Geldmenge im Euroraum im Juni nochmals beschleunigt. Zugleich hat sich die Kreditvergabe der Geschäftsbanken an Unternehmen auf hohem Niveau eingependelt. Wie aus weiteren gestern veröffentlichten Daten der EZB hervorgeht, haben die Frankfurter Währungshüter und ihre Kollegen in den 19 nationalen Notenbanken ihre Anleihezukäufe in der abgelaufenen Woche zudem nach zuvor rückläufigem Trend wieder hochgefahren.Die EZB dürfte sich angesichts der Daten darin bestätigt sehen, dass ihre beispiellosen Krisenhilfen wirken. Zusätzlich zu dem auf 1,35 Bill. Euro aufgestockten Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) stellt die EZB den Banken in der Eurozone quasi unbegrenzt Liquidität zu sehr vorteilhaften Konditionen zur Verfügung. Im Juni fragten Banken bei der vierten Tranche langfristiger Refinanzierungsgeschäfte (TLTRO III) die Rekordsumme von 1,31 Bill. Euro nach.Offenbar findet die zusätzliche Liquidität zumindest in Teilen den Weg zu den Unternehmen. Im Juni reichten Banken 7,1 % mehr Darlehen an Firmen außerhalb des Finanzsektors aus als ein Jahr zuvor. Nach einem Plus von 7,3 % im Mai blieb der Kreditbedarf also hoch. Das Wachstum der Geldmenge M3 aus Bargeld, Sichteinlagen, Geldmarktpapieren und Schuldverschreibungen beschleunigte sich auf 9,2 %, den höchsten Wert seit zwölf Jahren. Volkswirte hatten nach 8,9 % im Mai sogar noch geringfügig mehr erwartet. Die enger gefasste Geldmenge M1 – nach verbreiteter Ansicht ein verlässlicher Frühindikator – legte sogar um 12,6 % zu.Allerdings schränkte Helaba-Ökonom Patrick Boldt ein: “Der Anstieg der Geldmengen sollte auch vor dem Hintergrund der Inanspruchnahme von Kreditlinien nicht als Hinweis auf eine verbesserte Investitionsneigung interpretiert werden.” Tatsächlich meldeten Banken in der jüngsten vierteljährlichen Kreditumfrage zwar eine beispiellose Nachfrage nach Darlehen (vgl. BZ vom 15. Juli), doch das war überwiegend dem Bedarf an Notfallliquidität infolge der Pandemie geschuldet. Investitionsvorhaben waren Mangelware. Beobachter befürchten, straffere Kreditstandards könnten die konjunkturelle Erholung abwürgen. KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib unterstrich in diesem Zusammenhang die Bedeutung staatlicher Kreditgarantien: “Der Ausstieg aus dieser wichtigen Unterstützungsmaßnahme sollte daher vorsichtig erfolgen.”Unterdessen zogen die Anleihekäufe im Rahmen von PEPP und des regulären, unbefristeten Kaufprogramms APP (Asset Purchase Programme) vorige Woche wieder an. Insgesamt erwarb das Eurosystem aus der EZB und den 19 nationalen Notenbanken netto Papiere im Wert von knapp 27,2 Mrd. Euro. Das Tempo liegt damit aber noch deutlich unter jenem im Mai, als in der Spitze Anleihen für fast 45 Mrd. Euro pro Woche hinzukamen. Der Großteil entfiel mit 18,8 Mrd. Euro auf das Notfallprogramm PEPP. Dabei dürfte es sich überwiegend um Staatsanleihen gehandelt haben. Das Public Sector Purchase Programme (PSPP) für Staatsanleihen im Rahmen des APP verbuchte auf Wochenfrist ein Plus von 9,4 Mrd. Euro. Die Bestände von Unternehmensanleihen, Covered Bonds und Asset-Backed Securities gingen minimal zurück.Eine Aufschlüsselung nach Assetklasse und Euro-Ländern bei PEPP veröffentlicht die EZB alle zwei Monate. Nächster Termin ist der kommende Montag. Beobachter dürften dann vor allem darauf schauen, inwiefern die EZB bei ihren Anleihekäufen unter PEPP von ihrem Kapitalschlüssel abweicht. In den ersten anderthalb Monaten hatte sie überproportional viele Anleihen Italiens erworben, Frankreich hingegen stark untergewichtet. Dieses Vorgehen verstärkt Kritik, mit PEPP verstoße die EZB gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung.