Euro-Hüter ringen um Kurs

Mehrere Notenbanker äußern sich besorgt wegen Euro-Stärke - Hardliner dringen auf rasches QE-Ende

Euro-Hüter ringen um Kurs

Der EZB-Rat berät nächsten Donnerstag erstmals in diesem Jahr über seinen Kurs. Nach der recht ruhigen Weihnachtszeit nimmt die Diskussion vor allem über die Anleihekäufe wieder Fahrt auf. Im Fokus: die Euro-Stärke.ms Frankfurt – Kurz vor der ersten Zinssitzung des Jahres ringen die Notenbanker der Europäischen Zentralbank (EZB) auf offener Bühne um den weiteren Kurs – und um die Deutungshoheit hinsichtlich der wirtschaftlichen Lage in Euroland. Zunehmend im Fokus steht die jüngste Euro-Stärke – die einerseits zum Teil auf Spekulationen über eine schnellere geldpolitische Wende zurückgeht, die andererseits aber zugleich tendenziell die Inflation dämpft, was bei einigen Euro-Hütern Zweifel an einem schnellen Exit nährt. Der EZB-Rat tagt erneut am 25. Januar. Debatte über QE und ZinsenDer EZB-Rat hatte erst im Oktober die umstrittenen Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) über Ende 2017 hinaus bis mindestens Ende September 2018 verlängert, wenn auch ab Januar mit einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen von 30 Mrd. Euro. Explizit hatte der EZB-Rat kein Enddatum gesetzt. Leitzinserhöhungen sollen erst “weit” nach Ende dieser Käufe in Erwägung gezogen werden. Insofern ist der Kurs für 2018 nahezu abgesteckt.Zuletzt hatten aber Spekulationen zugenommen, die EZB könne die Wende doch schneller einleiten als bislang an den Märkten erwartet. Zuvor waren erste Zinserhöhungen erst für Mitte oder gar Ende 2019 eingepreist. Grund für das Umdenken waren neben anhaltend guten Konjunkturdaten auch Aussagen von Euro-Notenbankern und das in der vergangenen Woche veröffentlichte Protokoll der Dezember-Sitzung.Zum Jahreswechsel hatten sich aus dem Rat die Signale für ein Ende der Nettoanleihekäufe gegen Ende des Jahres gemehrt – und möglicherweise sogar schon nach Ende September 2018. Dabei waren es längst nicht mehr nur die Hardliner im geldpolitischen Entscheidungsgremium, die in diese Richtung argumentieren. Unter anderem hatte sich auch EZB-Direktoriumsmitglied Benoît Coeuré entsprechend geäußert.Die Hardliner wie Bundesbankpräsident Jens Weidmann betonen die sehr gute wirtschaftliche Entwicklung und sind davon überzeugt, dass der Aufschwung auch die Inflation anziehen lässt – auch wenn das dieses Mal länger dauert. Die Inflation lag im Dezember bei 1,4 % und damit unterhalb des EZB-Ziels von unter, aber nahe 2 %. Die Hardliner drängen auf ein zügiges Ende der Käufe und ein konkretes Enddatum.Estlands Zentralbankchef Ardo Hansson hatte in einem Montag veröffentlichten Interview der Börsen-Zeitung sogar gesagt, die Nettokäufe könnten nach September “in einem Schritt” beendet werden (vgl. BZ vom 16. Januar). Wenn sich Wachstum und Inflation so entwickeln würden, wie es in den aktuellen Projektionen vorgesehen sei, brauche es keine weiteren Nettokäufe mehr.EZB-Vizepräsident Vítor Constâncio erklärte in einem gestern veröffentlichten Interview mit der italienischen Zeitung “La Repubblica”, dass die Geldpolitik noch lange sehr locker bleiben könnte. Die EZB habe sich zwar mit der Halbierung der monatlichen Anleihenkäufe auf ein neues wirtschaftliche Umfeld und eine kommende höhere Inflation eingestellt, sagte er. “Das bedeutet aber nicht, dass die Geldpolitik nicht für lange Zeit sehr konjunkturstützend bleiben wird”, fügte er hinzu.In den Fokus rückt zunehmend der Euro, der 2017 rasant aufgewertet und zu Jahresbeginn weiter zugelegt hat. In der Nacht zu gestern war er zeitweise über die Marke von 1,23 Dollar geklettert. Hansson hatte die Euro-Stärke noch heruntergespielt und gewarnt, das dürfe nicht überdramatisiert werden. Villeroy de Galhau aber nannte sie eine “Quelle der Unsicherheit” für den Inflationsausblick, die es zu beobachten gelte. Später sagte dann auch Constâncio: “Plötzliche Kursbewegungen bereiten mir Sorgen, soweit sie keine Änderung der fundamentalen Lage widerspiegeln.” Und auch EZB-Ratsmitglied Ewald Nowotny sagte gestern in Wien, dass der Kursanstieg des Euro “nicht hilfreich” sei.Unterdessen ging Bundesbankchef Weidmann gestern in einem Interview der FAZ auch darauf ein, dass viele Analysten frühestens Mitte 2019 mit einer Zinserhöhung rechnen. Diese Erwartung scheine ihm “grosso modo im Einklang” mit dem geldpolitischen Ausblick des EZB-Rats zu stehen. Die EZB hatte zuletzt 2011 die Zinsen angehoben.