Euro-Hüter ringen um richtigen Kurs

Die Hardliner im EZB-Rat machen mobil gegen rasche QE-Neuauflage - Inflation verharrt deutlich unter Ziel

Euro-Hüter ringen um richtigen Kurs

Die EZB steuert auf eine neuerliche Lockerung ihrer ohnehin schon sehr expansiven Geldpolitik zu. Die große Frage aber ist, wie umfassend die Lockerung ausfallen wird. Die Hardliner im EZB-Rat sehen vor allem neue breite Anleihekäufe kritisch. Unterdessen kommt die Inflation weiter nicht so recht in Fahrt. ms Frankfurt – Knapp zwei Wochen vor einer zentralen geldpolitischen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) nimmt die Debatte der Euro-Hüter über den richtigen Kurs mächtig Fahrt auf. Dabei machen nun vor allem die Gegner einer umfassenden Lockerung der ohnehin bereits sehr expansiven EZB-Geldpolitik mobil – womit sie den Befürwortern um EZB-Präsident Mario Draghi Paroli bieten. Derweil verharrt die Inflation im Euroraum weiter deutlich unterhalb des EZB-Zielwerts von knapp 2 %.EZB-Direktoriumsmitglied Sabine Lautenschläger sprach sich am Freitag gegen ein umfassendes geldpolitisches Maßnahmenbündel zur Unterstützung der schwächelnden Euro-Konjunktur aus. “Nach meiner Meinung, basierend auf den aktuellen Daten, ist es viel zu früh für ein großes Paket”, sagte sie in einem Interview mit Market News und fügte hinzu: “Ich sehe derzeit keine Notwendigkeit für einen Neustart des Anleihekaufprogramms.” Ähnlich hatten sich am Donnerstag der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot und zuvor schon Bundesbankpräsident Jens Weidmann geäußert.Angesichts der unerwartet starken Abkühlung der Euro-Wirtschaft und der weiter nicht in Fahrt kommenden Inflation hatten die Euro-Hüter bei ihrer Juli-Sitzung die Tür für eine weitere Lockerung bei der Sitzung am 12. September weit aufgestoßen. Danach hatten insbesondere Aussagen des finnischen Zentralbankchefs Olli Rehn und das Sitzungsprotokoll Erwartungen auf ein Maßnahmenpaket geschürt – mit einer erneuten Senkung des Einlagenzinses und der Wiederaufnahme breiter Nettoanleihekäufe (Quantitative Easing, QE).Die als Hardliner im EZB-Rat bekannten Notenbanker treten nun auf die Bremse und versuchen damit wohl auch, die Erwartungen an den Märkten zu dämpfen. In der Vergangenheit hatte Draghi immer wieder eine Strategie verfolgt, große Erwartungen zu wecken und dann im Rat zu argumentieren, dass man diese nicht enttäuschen dürfe, weil es sonst zu Turbulenzen kommen könne.Die “Falken” signalisieren nun eine Bereitschaft zu einer weiteren Zinssenkung. Dabei geht es um eine Senkung des Einlagenzinses von aktuell -0,4 %. Zugleich wenden sich aber vor allem gegen eine rasche QE-Wiederaufnahme. Zwischen Herbst 2014 und Ende 2018 hatte das Eurosystem für rund 2,6 Bill. Euro Wertpapiere gekauft, vor allem Staatsanleihen. Weidmann warnt vor PanikBundesbankpräsident Weidmann hatte unlängst zwar eine konjunkturelle Flaute insbesondere in Deutschland eingeräumt, aber zugleich vor “Panik” und “Aktionismus” gewarnt – sowohl mit Blick auf die Fiskal- wie auch auf die Geldpolitik. Der Ausblick sei derzeit vor allem aufgrund von politischen Faktoren wie dem Brexit und internationalen Handelskonflikten unsicher.Während die Euro-Hüter nun auch öffentlich immer stärker um den richtigen Kurs ringen, kommt die Inflation im Euroraum weiter nicht so richtig in Fahrt. Im August zogen die Verbraucherpreise lediglich um 1,0 % an, wie Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Bereits im Juli hatte die Inflationsrate bei 1,0 % gelegen – was das niedrigste Niveau seit November 2016 ist. Die EZB strebt auf mittlere Frist unter, aber nahe 2 % an.Die Euro-Hüter haben zuletzt noch einmal stärker als zuvor die Symmetrie ihres Ziels betont, dass sie also eine zu niedrige Teuerung genauso wenig tolerieren werden wie eine zu hohe Inflation. In Notenbankkreisen wird argumentiert, dass das nur eine Klarstellung dessen sei, wie die EZB sich auch in der Vergangenheit schon verhalten habe. Mancher Beobachter sieht das aber als Strategieschwenk und als Vorbereitung für eine noch viel längere sehr expansive Politik.Während Beobachter erwartet hatten, dass die Gesamtinflationsrate bei 1,0 % verharren würde, gab es bei der Kernrate ohne Energie und Lebensmittel eine Enttäuschung. Statt wie erwartet von 0,9 % im Juli auf 1,0 % anzuziehen, verharrte sie auf dem Vormonatswert. Die Commerzbank verwies aber darauf, dass diese derzeit verzerrt sei. Aktuell bilde eine Kernteuerungsrate ohne Pauschalreisen den unterliegenden Preisauftrieb besser ab. Diese habe in den vergangenen Monaten leicht zugelegt. Aktuell scheine es den Unternehmen zu gelingen, einen Teil der höheren Lohnkosten auf die Verbraucher zu überwälzen. Angesichts der schwachen Konjunktur sei aber fraglich, ob das von Dauer sei.