Euro-Hüter streiten über Negativzins

Notenbanker gespalten über mögliche Entlastungen für Banken - Praet formuliert klare Bedingungen

Euro-Hüter streiten über Negativzins

Banken und Versicherer klagen seit langem über den negativen EZB-Einlagenzins. Dieser “Strafzins” zehre an ihren Gewinnen. Bislang hat die EZB die Kritik stets zurückgewiesen. Aber nun äußern sich auch Euro-Hüter kritischer. In der Debatte sind mögliche Entlastungen – etwa mittels eines gestaffelten Einlagenzinses.ms Frankfurt – Nach Aussagen von EZB-Präsident Mario Draghi über eine mögliche Entlastung der Banken von den negativen Folgen des Negativzinses ist unter Euro-Notenbankern eine hitzige Debatte über einen solchen Schritt entbrannt. Österreichs Notenbankchef Ewald Nowotny sagte gestern, er wünsche sich eine solche Entlastung. Auch Frankreichs Zentralbankchef François Villeroy de Galhau signalisierte Sympathie. Dagegen äußerte sich der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot kritisch. EZB-Chefvolkswirt Peter Praet formulierte klare Bedingungen für einen solchen Schritt.Draghi hatte am Donnerstag bei der ECB Watchers Conference gesagt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) bereitstehe, die Lasten für die Finanzinstitute infolge des negativen Einlagenzinses abzumildern (vgl. BZ vom 28. März). Tatsächlich wird in Notenbankkreisen diskutiert, ob Entlastungen der Banken von dieser Art “Strafzins” nötig sind und wie diese, falls erforderlich, aussehen könnten. Eine Option wäre ein gestaffelter Einlagenzins mit Freibeträgen – nach dem Vorbild der Bank of Japan. Diese Variante war in der EZB vor drei Jahren schon einmal in der Diskussion, wurde aber verworfen. Auch jetzt gibt es in Notenbankkreisen Bedenken. Eine kurzfristige Entscheidung ist damit kaum zu erwarten.Draghis Aussagen und Berichte über die internen EZB-Diskussionen hatten Hoffnungen der Banken auf eine Entlastung geweckt. Für Einlagen bei der EZB müssen die Institute den Einlagensatz von aktuell -0,4 % zahlen. Die Kosten summieren sich damit auf mehr als 7 Mrd. Euro im Jahr. Das schmälert die Gewinne der Banken und die Profitabilität. Die Sorge mancher Euro-Hüter gilt der Kreditvergabe der Banken. Schweiz und Japan als Vorbild EZB-Ratsmitglied Nowotny hält eine Entlastung der Geldhäuser angesichts der seit Jahren bestehenden Tiefzinsen für sinnvoll. Es gebe Ansätze einer Diskussion über die Negativzinsen, sagte er laut der Nachrichtenagentur Reuters gestern in Wien: “Ich würde mir gewisse Entschärfungen wünschen.” Er nannte die Schweiz und Japan als ein Vorbild. Er halte das Thema für relevant.Auch Villeroy de Galhau sprach sich für die Überprüfung von Nebenwirkungen der Negativzinsen aus. EZB-Chef Draghi habe berechtigterweise betont, dass die Euro-Hüter die Kreditvergabe der Banken weiter beobachten müssten, sagte er gestern auf einer Veranstaltung in Paris. Zudem müsse darüber nachgedacht werden, wie die positiven Auswirkungen der Minuszinsen für die Wirtschaft bewahrt und zugleich schädliche Nebenwirkungen abgemildert werden könnten. Er wiederholte damit die Wortwahl Draghis.Knot dagegen steht einer Staffelung der Strafzinsen zur Entlastung von Geldhäuser eher skeptisch gegenüber. Vor drei Jahren seien die Währungshüter zu dem Schluss gekommen, dass dies in Europa sehr komplex wäre, sagte der Notenbanker gestern in Amsterdam. Man könne sich das wieder anschauen, aber er habe keine großen Erwartungen, dass das Urteil anders ausfallen werde. Bei einer Staffelung würden Institute mit einem bestimmten Geschäftsmodell von den Kosten der Negativzinsen ausgenommen. “Aber implizit sagt man allen Banken mit einem anderen Geschäftsmodell, dass sie diese Kosten länger tragen müssen”, so Knot.EZB-Chefvolkswirt Praet betonte gestern, dass es einen triftigen geldpolitischen Grund geben müsse, bevor die Notenbanker tätig werden, um die Nebenwirkungen der Negativzinsen auf Banken zu mindern. EZB-Mitarbeiter prüfen das Thema Zinsstaffelung, aber es sei keineswegs ausgemacht, dass es dazu komme, sagte Praet in einem Interview der Nachrichtenagentur Bloomberg.”Die Aussicht auf länger niedrige Zinsen hat eine Debatte über die Nebenwirkungen von Negativzinsen ausgelöst”, so Praet: “Wenn Sie die Wirtschaft derzeit und den Kreditkanal betrachten, sehen wir kein besonderes Problem”, sagte er – aber “bei einer sich abschwächenden Konjunktur kann es in der Zukunft passieren. Also muss man bereit sein.”