Konjunktur

Euro-Industrie legt einen Zahn zu

Das Statistikamt Eurostat legt gemischte Aprilzahlen für die Euro-Wirtschaft vor: Während die Industrie etwas mehr produzierte, fiel das Handelsbilanzdefizit so hoch aus wie nie in der Geschichte der Währungsunion.

Euro-Industrie legt einen Zahn zu

ba Frankfurt

Die Industrie im Euroraum hat im April wieder mehr produziert – die Geschäfte der gesamten Euro-Wirtschaft mit dem Ausland liefen hingegen weniger gut. Insbesondere die Folgen des Ukraine-Kriegs zeigen in dem am Mittwoch vom Statistikamt Eurostat veröffentlichten Zahlenwerk ihre Spuren. Denn für die erneut tiefrote Handelsbilanz sind insbesondere die kräftig gestiegenen Energieimporte infolge der stark zulegenden Energiepreise verantwortlich. Die Industrie hingegen spürt die Auswirkungen über die schwächere Nachfrage, die hohen Preise für Energie und Rohstoffe sowie den Lieferkettenstress. Wobei letzterer auch eine Folge der rigiden chinesischen Coronapolitik ist.

Die Euro-Industrie weitete im April die Gesamtfertigung um 0,4% aus – etwas weniger als die von Ökonomen erwarteten 0,5%. Allerdings revidierten die Luxemburger Statistiker das Minus vom März nach unten: Statt 1,8% wie zunächst gemeldet war die Produktion um 1,4% im Monatsvergleich gedrosselt worden. Im Vergleich zu April 2021 sank der Output um 2,0%. Auch hier wurde das März-Ergebnis nach oben revidiert: Statt –0,8% stehen nun -0,5% in der Statistik.

Über alle Produktionskategorien hinweg schrumpfte allein die Fertigung von Investitionsgütern im Monatsvergleich, und zwar um 0,2%. Am stärksten legte die Energieerzeugung zu (5,4%).

Das Produktionsplus wurde von fast allen großen Euro-Volkswirtschaften getragen, allen voran von Spanien (2,1%), gefolgt von Italien (1,6%) und Deutschland (1,3%). Frankreichs Industrie hingegen reduzierte den Ausstoß leicht (–0,1%). „Insgesamt bleibt das Umfeld für die Industrie trübe“, urteilte ING-Ökonom Bert Colijn. Sie habe immer noch mit großen Rückständen zu kämpfen, die die Produktion für die kommenden Monate garantierten, aber Lieferkettenprobleme führten weiter zu Verzögerungen bei bestimmten Produktgruppen. Zugleich schwäche sich die Nachfrage ab, da die Auftragseingänge laut den jüngsten Umfragen in der Euro-Industrie zurückgehen. Die kaum nachlassende Inflation der Vorleistungspreise verschärfe den Druck, in dem sich das verarbeitende Gewerbe derzeit befindet.

Die hohen Energiepreise haben laut Eurostat denn auch im April dafür gesorgt, dass sich das Handelsbilanzdefizit der Eurozone im April erneut stark ausweitete. Das saisonbereinigte Defizit von 31,7 Mrd. Euro – im März waren es minus 17,8 Mrd. Euro – war das mit weitem Abstand Höchste seit Beginn der Erhebung 1999. Seit Oktober 2021 nimmt das Handelsbilanzdefizit des Euroraums zu. Während die saisonbereinigten Ausfuhren im April zum Vormonat um 1,5% zulegten, stiegen die Einfuhren um 7,1%.

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