Euro trotzt Draghis Warnungen - EZB entscheidet im Oktober über QE

Notenbank besorgt über Aufwertung der Gemeinschaftswährung - Bundrenditen fallen deutlich

Euro trotzt Draghis Warnungen - EZB entscheidet im Oktober über QE

ms/dm Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) stemmt sich gegen einen zu starken Euro und hat Entscheidungen über ihren weiteren geldpolitischen Kurs auf Oktober vertagt. Die jüngsten Schwankungen des Wechselkurses seien “eine Quelle der Unsicherheit”, und die EZB werde die Folgen für die Inflation genau beobachten, sagte EZB-Präsident Mario Draghi gestern nach der Sitzung des EZB-Rats. Für das Treffen am 26. Oktober stellte Draghi Grundsatzentscheidungen über die ultralockere Geldpolitik im Jahr 2018 und speziell die Anleihekäufe (Quantitative Easing, QE) in Aussicht.Der Euro zeigte sich von den Aussagen Draghis, die als verbale Interventionen zu sehen sind, unbeeindruckt. Die Gemeinschaftswährung wertete zum Dollar sogar weiter auf. Der Euro stieg zeitweise bis auf 1,206 Dollar und kostete zuletzt mit 1,200 rund 0,3 % mehr als vor Draghis Aussagen. Bei Marktteilnehmern wirkte stärker nach, dass er von ausbalancierten Wachstumsrisiken und der Chance auf ein stärkeres Wachstum als vorhergesagt gesprochen hatte. “Offenbar hatten manche Marktteilnehmer mit noch deutlicherer Besorgnis der Währungshüter über die Euro-Stärke gerechnet”, erklärte die LBBW. Auch hat der EZB-Rat eine erste Diskussion über Szenarien für die Zukunft von QE geführt und wird im Oktober über eine “Kalibrierung” der Geldpolitik entscheiden.Der EZB-Rat muss vor Jahresende festlegen, wie es mit QE weitergehen soll. Bislang sind die Käufe von vor allem Staatsanleihen im Umfang von aktuell 60 Mrd. Euro pro Monat bis Ende 2017 angesetzt. Ein abruptes Ende hat die EZB ausgeschlossen. Die große Frage ist aber, für wie lange und in welchem Umfang sie weiterkauft. Die verbreitete Erwartung ist, dass es eine Verlängerung um einige Monate zu einem reduzierten monatlichen Kaufvolumen gibt. Neben der niedrigen Inflation erschwert auch die jüngste Euro-Aufwertung die Entscheidung.Draghi warnte gestern mehrfach vor einem zu starken Euro – auch im wichtigen Statement nach der Sitzung. Darin wurde der Euro auch neu als Risiko für den Aufschwung genannt. “Gemessen an EZB-Standards zählt das als eine wichtige verbale Intervention in die Devisenmärkte”, sagte Holger Schmieding, Chefvolkswirt der Berenberg Bank.Zugleich kündigte Draghi an, “im Herbst” solle über die Zukunft der Anleihekäufe und damit eine mögliche Reduzierung von QE entschieden werden. Auf Nachfrage sagte er, dass er den Großteil der Entscheidungen für den 26. Oktober erwarte. Das war zuletzt auch die verbreitete Erwartung bei EZB-Beobachtern. Die etwas zuversichtlichere Einschätzung zur Euro-Wirtschaft stärkte laut Draghi auch das Vertrauen, dass die Inflation von zuletzt 1,5 % mittelfristig in Richtung des EZB-Ziels von knapp 2 % steigt. Voraussetzung sei aber eine sehr expansive Geldpolitik. Am Anleihemarkt fiel die Rendite der zehnjährigen Bundespapiere deutlich von 0,34 % auf 0,30 %.—– Nebenstehender Kommentar- Berichte Seiten 5, 17 und 18