Konjunktur

Euro-Wirtschaft kehrt auf Wachstumskurs zurück

Die Euro-Wirtschaft hat im Frühjahr überraschend einen Zahn zugelegt. Angesichts des immer noch kräftigen konjunkturellen Gegenwinds erwarten Ökonomen aber, dass dies nicht der Auftakt einer nachhaltigen Erholung ist.

Euro-Wirtschaft kehrt auf Wachstumskurs zurück

Euro-Wirtschaft kehrt auf Wachstumskurs zurück

Plus von 0,3 Prozent im Frühjahr – Große Unterschiede auf Länderebene

ba Frankfurt

Die Euro-Wirtschaft hat trotz der Flaute in Deutschland und eines unerwartet schlechten Abschneidens Italiens im Frühjahr zugelegt. Angesichts des immer noch flauen weltwirtschaftlichen Umfelds, nur langsam rückläufiger Inflation und Trübnis anzeigender Stimmungsindikatoren werten Ökonomen dies als kurzes Aufflackern, aber nicht als Beginn einer nachhaltigen Erholung. Zumal Irland mit seinem sehr volatil ausfallenden Wachstum diesmal wieder Schwung gebracht hat. Die Daten liefern den Tauben im Rat der Europäischen Zentralbank (EZB) damit kein Futter für eine Zinspause im September.

Im zweiten Quartal ist das Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 0,3% im Quartalsvergleich gestiegen, wie das Statistikamt Eurostat am Montag mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Anstieg von 0,2% gerechnet. Zum Jahresbeginn hatte das BIP stagniert, nachdem es im vierten Quartal 2022 noch um 0,1% geschrumpft war – somit entging die Euro-Wirtschaft ganz knapp einer technischen Rezession, also einem Schrumpfen der Wirtschaft in zwei aufeinanderfolgenden Quartalen.

Hoffen auf Privatkonsum

Details zu den Unterkomponenten des BIP lieferte Eurostat noch nicht – Länderdaten lassen aber darauf schließen, dass sich der private Konsum stabilisiert haben dürfte. Die Dienstleister, die lange von Nachholeffekten infolge der Corona-Pandemie profitiert hatten, dürften allmählich zu einer langsameren Gangart wechseln. Die stark exportabhängige Industrie wiederum leidet unter der Nachfrageschwäche – noch aber halten die Auftragsbestände die Produktion am Laufen. Allerdings werden die Polster dünner, nachdem sich die Materialengpässe immer weiter auflösen. Der beispiellose Zinserhöhungszyklus aller großen Notenbanken verschärft allerdings die Finanzierungskonditionen und dämpft somit die Investitionstätigkeit, was vor allem die Baubranche bereits seit einiger Zeit spürt.

Die Entwicklung in den einzelnen Ländern verlief sehr uneinheitlich: In Deutschland und Italien, Nummer 1 und Nummer 3 der Euro-Volkswirtschaften, macht sich der vergleichsweise große Industrieanteil bemerkbar. Hierzulande stagnierte das BIP im Frühjahr, womit die Rezession des Winterhalbjahres beendet ist – zum Jahresende 2022 war das BIP um 0,4% geschrumpft, in den drei Monaten bis März lag das Minus bei 0,1%. In Italien wiederum war eine Stagnation erwartet worden, doch die Wirtschaft rutschte um 0,3% ins Minus. Laut dem Statistikamt Istat fiel die Wertschöpfung sowohl in der Industrie als auch im Sektor Land- und Forstwirtschaft und Fischerei, wohingegen der Dienstleistungssektor zulegte. Auf der Nachfrageseite wurde ein negativer Beitrag der Inlandskomponente (ohne Vorratsveränderungen) verzeichnet sowie ein Nullbeitrag der Nettoexportkomponente. Österreichs Wirtschaft gab um 0,4% nach. Das Wifo vermeldete Wertschöpfungseinbußen in der Industrie und Bauwirtschaft, während einige Dienstleistungsbereiche expandierten. Auf der Nachfrageseite bremsten der Privatkonsum und die Bruttoanlageinvestitionen.

Die nach Deutschland zweitgrößte Euro-Volkswirtschaft Frankreich wuchs um 0,5%, Spanien als Nummer 4 legte 0,4% zu. Irland zeigte mit 3,3% das kräftigste Wachstum, doch sind die Zahlen durch die multinationalen Konzerne sehr volatil – bliebe das Land außen vor, hätte sich ein Wachstum von 0,2% der Euro-Wirtschaft ergeben. „Die BIP-Zahlen für Frankreich, Deutschland und Spanien für das zweite Quartal sind recht ermutigend“, sagte die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, der französischen Tageszeitung „Le Figaro“. Die EZB-Ökonomen erwarten ebenso wie der Internationale Währungsfonds derzeit ein BIP-Plus von 0,9% im Gesamtjahr 2023. Die EU-Kommission geht von 1,0% aus.

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