Euro-Wirtschaft schrumpft langsamer
Euro-Wirtschaft schrumpft langsamer
Einkaufsmanagerindex legt leicht zu – Vor allem Dienstleister schwach – Huthi-Angriffe drücken auf Lieferzeitindex
Die Euro-Wirtschaft setzt im Januar den Schrumpfungskurs fort. Auch wenn die Dynamik nachgelassen hat: Die Erholung verzögert sich weiter. Zumal sich die Lieferzeiten nicht wegen starker Nachfrage, sondern wegen der Huthi-Angriffe auf Frachtschiffe im Roten Meer verlängert haben.
ba Frankfurt
Die Talfahrt der Euro-Wirtschaft setzt sich zu Jahresbeginn fort, wenn auch in einem etwas langsameren Tempo. Angesichts der immer noch rezessiven Stimmung in der Wirtschaft verzögert sich die erwartete Erholung wohl länger als zuletzt von Volkswirten und der Europäischen Zentralbank (EZB) vorausgesagt. Im Januar haben vor allem die Dienstleister geschwächelt, doch auch in der Industrie sieht es weiter trübe aus. Unter den Ländern wiederum erwies sich Frankreich als Bremsschuh. Die deutsche Wirtschaft indes ist etwas stärker geschrumpft als zuletzt – und wegen der von der Bundesregierung verkündeten Sparmaßnahmen hat nun das Ifo-Institut die erst kürzlich vorgelegte Wachstumsprognose gekappt.
Tief in der Rezession
Der Industrie und Dienstleister zusammenfassende Einkaufsmanagerindex (PMI) Composite legte im Januar vorläufigen Daten zufolge um 0,3 auf 47,9 Punkte zu. Dies ist der höchste Wert seit Juli 2023, doch werde damit weiter signalisiert, „dass die Eurozone auch zu Beginn des neuen Jahres in der tiefsten Rezession seit 2013 (mit Ausnahme der ersten Pandemiemonate) verharrte“, wie S&P Global mitteilte. Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 48,0 Zähler gerechnet.
Für Cyrus de la Rubia, Chefökonom des S&P-Partners Hamburg Commercial Bank bringt der Jahresbeginn positive Nachrichten, „denn der Abwärtstrend des vergangenen Jahres hat sich im verarbeitenden Gewerbe etwas abgeschwächt“. Das entsprechende Barometer kletterte von 44,4 auf 46,6 Zähler, deutet mit einem Wert unterhalb der neutralen 50-Punkte-Marke aber weiter eine schrumpfende Aktivität an. Der Anstieg des Barometers lasse sich an Schlüsselindikatoren wie Produktion, Beschäftigung und Auftragseingängen ablesen, wobei vor allem der Exportsektor eine entscheidende Rolle spielte.
Der Indikator der Dienstleister allerdings gab um 0,4 Punkte auf 48,4 nach – ein moderater Rückgang der Geschäftstätigkeit, der den Trends des Schlussabschnitts 2023 entspreche, kommentierte de la Rubia. Der Chefvolkswirt sieht auch hier einen Silberstreif am Horizont: „Denn ein wachsender Anteil der Unternehmen baut seine Belegschaft aktiv aus, was ein Zeichen für Optimismus auf dem Markt ist.“ Sparsame Verbraucher würden eine Expansion im Service-Sektor zunichte machen und daran werde sich so schnell nichts ändern, mahnte Thomas Gitzel, Chefökonom der VP Bank. „Denn die Inflationsraten sind noch immer verhältnismäßig hoch und belasten die Kaufkraft.“ Im Dezember hatte die Jahresteuerungsrate sogar wieder um 0,5 Prozentpunkte auf 2,9% angezogen.
Erstmals seit einem Jahr verlängerten sich die Lieferzeiten im Januar wieder und der Teilindex rutschte deutlich unter die 50er-Marke – wegen der anhaltenden Angriffe der Huthi-Rebellen auf Handelsschiffe im Roten Meer. Allerdings war das Ausmaß der Lieferverzögerungen „deutlich geringer als während des Großteils der Pandemiephase zwischen 2020 und 2022“, betonte S&P. Die Unternehmen hätten aus der Vergangenheit gelernt und „ihre Zulieferer proaktiv über verschiedene Regionen und Unternehmen hinweg diversifiziert“.
Aufwind für die Falken
Die Falken innerhalb des EZB-Rats dürften in der anhaltenden Diskussion über den optimalen Zeitpunkt für Zinssenkungen von den PMI-Preisindikatoren Rückenwind bekommen, analysiert de la Rubia. Die Unternehmen hätten die erneut höheren Einkaufspreise im Januar an ihre Kunden weitergegeben. Infolgedessen stünden Preiserhöhungen im seltenen Widerspruch zum rezessiven Umfeld. „Daher ist klar, dass, auch wenn die Inflation ein Thema bleibt, Zinserhöhungen durch die EZB zum jetzigen Zeitpunkt abwegig sind.“
Unter den betrachteten Ländern fiel der PMI Frankreichs wegen der schwächeren Entwicklung der Industrie deutlich hinter dem Index für Deutschland zurück. Wegen des hohen Exportanteils hätte die größte Euro-Volkswirtschaft einen relativen Vorteil von der Verbesserungszeichen des außenwirtschaftlichen Umfelds außerhalb der Eurozone, erklärte de la Rubia. Wegen der zusätzlichen Sparmaßnahmen der Bundesregierung traut das Ifo-Institut der hiesigen Wirtschaft für 2024 allerdings weniger zu als noch Mitte Dezember: Statt 0,9% lautet die Prognose nun auf 0,7%.