Eurogruppe sondiert europäische Antworten

Weitere Ökonomen plädieren für ESM-Kreditlinie - Auch "Corona-Bonds" noch nicht vom Tisch

Eurogruppe sondiert europäische Antworten

ahe Brüssel – Die Debatte um weitere europäische Antworten auf die Coronakrise – insbesondere über den Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) – nimmt an Fahrt auf. Die Eurogruppe sondierte gestern Abend in einer weiteren Videokonferenz (bei Redaktionsschluss noch nicht beendet) erneut die Möglichkeiten eines gemeinschaftlichen Handelns. Geplant war, den Staats- und Regierungschefs für ihre morgige Videokonferenz bereits eine Entscheidungsgrundlage anzubieten. “Wir sind bereit, weitere Maßnahmen zu unternehmen und zu unterstützen, die auf den bereits vollzogenen großen Schritten aufbauen”, erklärte EU-Kommissionsvize Valdis Dombrovskis vor Beginn der Finanzminister-Konferenz.EU-Wirtschaftskommissar Paolo Gentiloni verwies in einem Interview auf drei Optionen für eine europäische Antwort auf die vom Coronavirus ausgelöste Wirtschaftskrise, an denen auch schon gearbeitet werde: Zum einen prüfe man den Einsatz der vorbeugenden Kreditlinien des Euro-Rettungsschirms ESM für eine Reihe von Mitgliedstaaten, sagte Gentiloni der “Financial Times”. Alternativ könnte zielgerichtet Liquidität nur für Ausgaben im Gesundheitswesen bereitgestellt werden. Die dritte Option wäre die Einführung sogenannter “Corona-Bonds”. Diese könnten von jeder bestehenden europäischen Institution – einschließlich des ESM – begeben werden, um Geld zur Krisenabwehr aufzunehmen. ECCL oder PCCL?Vor allem um die zwei bereits bestehenden vorbeugenden Kreditlinien des ESM, die der Euro-Rettungsschirm bislang noch nie genutzt hat, gibt es seit Tagen Diskussionen: Im ESM-Instrumentenkasten gibt es die Precautionary Conditioned Credit Line (PCCL) sowie die mit weniger Vorbedingungen, tendenziell aber härteren Auflagen versehene Enhanced Conditions Credit Line (ECCL). Der Fokus in der Coronakrise konzentriert sich auf die Nutzung der ECCL, auch weil sie als Vorbedingung gilt, dass die Europäische Zentralbank (EZB) ihr OMT-Programm zugunsten des begünstigten Landes öffnen könnte. Der ESM verfügt derzeit über ein nicht genutztes Kreditvergabevolumen von 410 Mrd. Euro. Diskutiert wird aber bereits über eine mögliche Aufstockung.Eine Gruppe von 13 europäischen Wirtschaftswissenschaftlern um den Präsidenten des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, Ifo-Chef Clemens Fuest und die frühere Wirtschaftsweise Beatrice Weder di Mauro plädierte gestern noch einmal für den Einsatz von ESM-Krediten. Damit ließen sich die Risiken für die wirtschaftliche Stabilität aller EU-Länder effektiv verringern, betonte Fratzscher. Europa brauche eine gemeinsame wirtschaftspolitische Antwort.Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber warnte dagegen davor, bereits zum jetzigen Zeitpunkt die Mittel des ESM zu verausgaben. Er verweist zudem auf mögliche verfassungsrechtliche Probleme: “Wenn ESM-Mittel verausgabt werden sollen, muss auch der Deutsche Bundestag zustimmen, und ich kann mir kaum vorstellen, dass er das ohne strikte Konditionen tun würde.” “Gespensterdebatte”Nach Ansicht von DIW-Präsident Fratzscher wären Euroland-Bonds ebenfalls ein effektives Mittel in der Krise. Im Gegensatz zur Aktivierung einer ESM-Kreditlinie könnten sie aber nicht schnell genug eingeführt und wirksam werden. Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier bezeichnete die Diskussion um Euroland-Bonds dagegen als “Gespensterdebatte”. Europa habe mit dem ESM und der EZB bereits starke Instrumente, sagte er dem “Handelsblatt”.