"Europa fühlt sich unwohl mit Disruption"
"Europa fühlt sich
unwohl mit Disruption"
Belgiens Notenbankchef: Nicht nur Bürokratie bremst Firmen
fed Frankfurt
Europa fremdelt nach Ansicht des belgischen Notenbankchefs Pierre Wunsch mit disruptiven Entwicklungen. Anlässlich eines Panels über den geeigneten Policy-Mix in bewegten Zeiten beim European Banking Congress präsentierte Wunsch seine Einschätzung, dass Europa gemächliche Übergänge bevorzuge und daher technologischen oder wirtschaftlichen Umwälzungen stets skeptisch oder gar ablehnend entgegentrete. Das sei beim Markteintritt von Billigfliegern vor einigen Jahren anschaulich zu beobachten gewesen – und das erkläre auch, warum die Erfolgsgeschichte von Tesla in den USA stattfinde und nicht in Europa. Europas Volkswirtschaften bewiesen zwar ihre Krisenfestigkeit, und die hiesigen Sozialsysteme seien leistungsfähiger als andernorts. Aber andererseits sei man anderen Weltregionen beim Tempo unterlegen, mit dem sich junge Unternehmen zu großen Konzernen entwickelten – und das liege nicht nur an der Bürokratie.
Volker Wieland, geschäftsführender Direktor des Institute for Monetary and Financial Stability, plädierte dafür, die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Unternehmen nicht durch einzelne Subventionen zu stärken, sondern durch generelle Entlastungen oder durch Maßnahmen zur Linderung des Fachkräftemangels. Wieland plädierte für eine angebotsorientierte Politik, zumal eine Politik der Nachfragestärkung preistreibend wirken würde.
Notenbanker Wunsch hatte sich zuvor dafür ausgesprochen, in Europa Leitzinsen erst dann wieder zu senken, wenn die Zielmarke der EZB von 2% eindeutig erreichbar geworden sei, auch wenn die Zentralbank damit riskiere, womöglich verspätet zu handeln.