Europartner und EZB erhöhen Druck auf Athen

Berlin und Paris fordern "glaubwürdige Vorschläge" - Notenbank verschärft Bedingungen für Griechenland

Europartner und EZB erhöhen Druck auf Athen

fed/wü/ms/lz Brüssel/Frankfurt – Nach dem deutlichen Nein der Griechen zu den Spar- und Reformvorschlägen der Gläubiger haben Bundeskanzlerin Angela Merkel und der französische Präsident François Hollande in einem gemeinsamen Statement von Athen umgehend “glaubwürdige” und “ernsthafte” Vorschläge für neue Verhandlungen gefordert. “Die Zeit drängt”, warnte Hollande. “Wir sagen sehr deutlich, dass die Tür für Gespräche offen bleibt”, betonte Merkel. Für Verhandlungen über Hilfen unter dem Dach des Euro-Rettungsschirms ESM seien die Voraussetzungen aber zurzeit nicht gegeben.Zuvor verlautete aus Berlin, eine Verständigung sei jetzt viel schwerer geworden, seit die laufenden Verhandlungen abgebrochen worden seien. Vizekanzler Sigmar Gabriel mahnte: “Wenn Griechenland im Euro bleiben will, muss die griechische Regierung schnell ein substanzielles Angebot machen.” Gabriel signalisierte zudem eine harte Position. Er bewertete das Referendum als eine Absage an die Regeln der Wirtschafts- und Währungsunion. Griechenland könne nicht die Bedingungen in der Eurozone diktieren.Unterdessen erhöhte die Europäische Zentralbank (EZB) gestern Abend den Druck. Der EZB-Rat verlängerte zwar die lebenswichtigen ELA-Notfallkredite für die Hellas-Banken, zugleich hielt er den Rahmen aber erneut unverändert. Er liegt damit laut Notenbankkreisen weiter bei knapp 89 Mrd. Euro. Darüber hinaus teilte die EZB mit, der Rat habe die Abschläge (Haircuts) auf die Sicherheiten “angepasst”, die die griechischen Institute hinterlegen – gemeint ist verschärft. “Die finanzielle Situation der hellenischen Republik hat Auswirkungen auf die griechischen Banken, denn die Pfänder, die sie für ELA einsetzen, bestehen in erheblichem Ausmaß aus staatsgebundenen Titeln”, erklärte die EZB. Weitere Details nannte sie nicht.Die EZB versucht damit de facto einen Spagat: Einerseits verhindert sie weiterhin einen Kollaps des griechischen Bankensystems, der auch das Land mit in die Pleite reißen und Griechenland einen weiteren Schritt in Richtung Euro-Austritt bringen würde. Andererseits macht sie Druck auf die Verhandlungspartner. Für die Euro-Hüter hängt nun viel davon ab, wie das heutige Treffen der Eurogruppe und der Euro-Gipfel verlaufen. Aus Notenbankkreisen verlautete, dass der EZB-Rat spätestens nach dem Gipfel erneut beraten will, voraussichtlich am Mittwoch. Aber auch frühere Beratungen seien möglich, hieß es.Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble und sein französischer Kollege Michel Sapin gehen davon aus, dass Athen bei der Eurogruppen-Sitzung am heutigen Dienstag neue Vorschläge auf den Tisch legen wird. Dort wird nicht mehr Giannis Varoufakis das Krisenland vertreten, der am Montag als Finanzminister zurücktrat, sondern sein Nachfolger Euklid Tsakalotos. Die Ratingagentur Fitch sieht nach dem Referendum indes die Chance schwinden, dass das Land noch im Euro gehalten werden kann. Die Tendenz in Richtung eines Grexit steige.Die Regierung in Athen will mit dem Wählervotum im Rücken den Verhandlungsfaden schnell wieder aufnehmen. In der Volksbefragung hatten mehr als 60 % der Griechen gegen die Reformvorschläge der Eurozone und des Internationalen Währungsfonds (IWF) gestimmt. Ministerpräsident Alexis Tsipras konnte neben den Koalitionsparteien auch die Chefs der Oppositionsparteien für eine gemeinsame Erklärung gewinnen. Darin bekundeten alle ihre Unterstützung für die Bemühungen, mit den Geldgebern einen Kompromiss zu finden.Allerdings läuft der griechischen Regierung die Zeit davon, weil den Banken in wenigen Tagen das Geld ausgehen dürfte. Zwar bleiben die Geldinstitute noch zwei weitere Tage bis Donnerstag geschlossen. Dass sich danach aber das wirtschaftliche Leben wieder einigermaßen normalisiert, hängt davon ab, ob die EZB die Notfallhilfe für die Banken weiter aufrechterhält oder sogar erhöht.Seit Ende des zweiten Hilfsprogramms am 30. Juni finden keine Verhandlungen mehr statt. Tsipras hatte seinem Volk vor dem Referendum versprochen, binnen 48 Stunden nach einem Nein-Votum eine Einigung mit den Geldgebern anzustreben. Bei einem Treffen mit ihrem polnischen Amtskollegen in Warschau äußerten Schäuble und Sapin die Hoffnung, dass Griechenland mit neuen Ideen weitere Gespräche ermöglicht.Eurogruppen-Chef Jeroen Dijsselbloem sagte, es bleibe sein Ziel, die Griechen im Euro zu halten. Das Referendum habe die Lage aber schwerer gemacht. Frankreichs Finanzminister Michel Sapin sagte dem Sender Europe 1, ein Ausscheiden aus der Eurozone sei kein Automatismus. Es gebe weiter eine Basis für den Dialog.