Euroraum hält sich in der Wachstumsspur
Während die Eurozone weiter Signale fortschreitender Erholung sendet, hält in Deutschland und Frankreich vorerst die konjunkturelle Flautestimmung an. Der niedrige Ölpreis und die Euroschwäche haben zwar in der Industrie für neue Dynamik gesorgt, doch dafür schwächeln die Dienstleister. Zugleich geben sich die Akteure an den Finanzmärkten überaus optimistisch wegen der jüngsten EZB-Signale.Von Stephan Lorz, FrankfurtZum Jahresschluss zeigt sich die Konjunktur im Euroraum nach den Rezessionswarnungen im Herbst doch noch überraschend stabil: Gestützt auf den Kaufkraftgewinn der Verbraucher durch den niedrigen Ölpreis und die Wettbewerbsvorteile, die der schwache Eurokurs mit sich bringt, sowie die Erwartung der Finanzmärkte hinsichtlich weiterer monetärer Stimuli von Seiten der EZB ist der Einkaufsmanagerindex für den Währungsraum im Dezember um 0,6 Zähler auf 51,7 Punkte angestiegen. Damit hat sich die Stimmung stärker verbessert, als Ökonomen zuletzt erwartet hatten. Die Details der Umfrage zeigen, dass vor allem der Auftragseingang im Dezember wieder zulegen konnte, was direkt auf den günstigeren Währungskurs zurückzuführen sein dürfte.”Der scharfe Fall des Ölpreises fängt an, sich in den europäischen Stimmungsbarometern bemerkbar zu machen”, kommentierte Christian Schulz von der Privatbank Berenberg. Europaweit stieg der Indikator für die Industrie um 0,7 Zähler auf 50,8 Punkte. Der Indikator für die Dienstleistung kletterte von 51,1 Punkten auf 51,9 Punkte.Für Ralph Solveen von der Commerzbank machen die Daten Hoffnung auf eine bessere Konjunktur im kommenden Jahr. “Angesichts des schwächeren Euro und des billigeren Rohöls werden die Stimmungsindikatoren wohl auch in den kommenden Monaten nach oben zeigen.” Jonathan Loynes von dem Analysehaus Capital Economics verwies allerdings darauf, dass der Anstieg den starken Rückgang der Einkaufsmanagerindizes im Vormonat November nicht wettgemacht habe. Notenbankhandeln wirkt”Das Wirtschaftswachstum der Eurozone hat sich im Dezember zwar wieder leicht beschleunigt, insgesamt dümpelte die Konjunktur jedoch weiter nur vor sich hin”, dämpft Chris Williamson vom Analysehaus Markit, das die Einkaufsmanagerindizes zusammenstellt, die Erwartungen. Immerhin zeige der Anstieg, dass die Anreize der EZB inzwischen zu greifen begännen, die vollen Auswirkungen würden aber wohl erst auf längere Sicht Früchte tragen.Sorgen macht sich Williamson speziell um Frankreich und Deutschland. Zwar profitierte von dem Preissturz auf den Rohölmärkten vor allem die deutsche Industrie, ein dickes Minus verzeichnete aber der Dienstleistungssektor. Der Einkaufsmanagerindex für den heimischen Produktionssektor sprang laut Markit um 1,7 Zähler auf 51,2 Punkte, während Volkswirte nur mit einem Anstieg auf 50,3 Punkte gerechnet hatten.”Ein leichtes Plus bei den Auftragseingängen, sowohl aus dem In- als auch aus dem Ausland, lässt hoffen, dass die Industriekonjunktur in Deutschland in den kommenden Monaten wieder an Dynamik gewinnen kann”, schreibt Stefan Kipar von der BayernLB. Dagegen scheint der Dienstleistungssektor nach seiner Einschätzung u.a. durch die Einführung des Mindestlohns unter Druck geraten zu sein. Der Index ging von 52,1 auf 51,4 Punkte zurück. Anspruchsvolle ErwartungenSchwierig bleibt die Lage in Frankreich: Der Indexwert legte zwar leicht zu um 1,2 Zähler auf 49,1 Punkte, die Indikatoren sowohl für die Industrie wie auch für die Dienstleistungen liegen aber weiter unter der Schwelle von 50 Punkten, die Wachstum signalisiert. Frankreich, so Christian Melzer von der DekaBank, bleibe auf Impulse vom staatlichen und privaten Konsum angewiesen, um einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts zu vermeiden.In krassem Gegensatz hierzu steht die Einschätzungen der Finanzmarktteilnehmer in der Umfrage des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) unter diesmal 230 Anlegern und Analysten: Sowohl für Deutschland als auch für die Eurozone stieg der Index rasant an. In Deutschland legten die Konjunkturerwartungen von 11,5 Punkten auf plus 34,9 Punkte zu – der höchste Stand seit April. Ökonomen hatten allenfalls mit 20 Zählern gerechnet.”Langsam scheinen die ZEW-Finanzmarktexperten Vertrauen in die deutsche Konjunktur zurückzugewinnen”, kommentierte ZEW-Präsident Clemens Fuest das Ergebnis. Dies hänge mit dem günstigen Umfeld “in Form eines schwachen Euro und eines niedrigen Ölpreises” zusammen. Die Börsianer bewerteten auch die Lage etwas besser als zuletzt. Dieses Barometer stieg leicht auf 10,0 Punkte von 3,3 Zählern.Für die Eurozone stiegen die Konjunkturerwartungen fast ebenso deutlich (um 20,8 Zähler) auf 31,8 Punkte. Vor allem die Erwartungshaltung hinsichtlich einer Ausweitung der EZB-Wertpapierkaufprogramme zu Jahresbeginn dürfte die stark von der Entwicklung an den Finanzmärkten beeinflussten ZEW-Konjunkturerwartungen getrieben haben, relativiert BayerLB-Ökonom Kipar das Ergebnis, zumal die Auswirkungen von derlei Käufen auf die Realwirtschaft Notenbankstudien zufolge eher schwach ausfallen dürften.