Ex-Notenbanker wettern gegen Draghi

Sechs EZB-Ehemalige, darunter Issing und Stark, veröffentlichen Memorandum

Ex-Notenbanker wettern gegen Draghi

arp Frankfurt – Die Kritik an der Geldpolitik von Mario Draghi reißt auch in den letzten Tagen des Italieners als Präsident der Europäischen Zentralbank (EZB) nicht ab. In einem Memorandum, das unter anderem an die Börsen-Zeitung versandt wurde, kritisieren sechs ehemalige Notenbanker, dass die ultralockere Geldpolitik und die auf der jüngsten geldpolitischen Sitzung der EZB beschlossene Wiederaufnahme des Anleihenkaufprogramms ungerechtfertigt seien, die Immobilienpreise künstlich aufblähen und sogar den Boden für eine weitere Krise ebnen würden.Bereits kurz nach der jüngsten geldpolitischen Entscheidung der EZB hatten in einem ungewöhnlichen Schritt unter anderem die Chefs von Bundesbank und De Nederlandsche Bank, Jens Weidmann und Klaas Knot, öffentlich Kritik an der Wiederaufnahme des Anleihenkaufprogramms und der Verschärfung der ultralockeren Geldpolitik geübt. Knapp zwei Wochen später ist dann Sabine Lautenschläger von ihrem Amt als EZB-Direktoriumsmitglied zurückgetreten – rund zwei Jahre vor Ende ihres Mandats und ebenfalls aus Protest gegen die Geldpolitik von Draghi, wie es heißt.Das Memorandum hat sechs Unterzeichner: Hervé Hannoun, 2000 bis 2005 Erster stellvertretender Gouverneur der Bank von Frankreich; Otmar Issing, 1998 bis 2006 EZB-Direktoriumsmitglied und Chefökonom; Klaus Liebscher, 1998 bis 2008 Gouverneur der Oesterreichischen Nationalbank; Helmut Schlesinger, 1991 bis 1993 Bundesbankpräsident; Jürgen Stark, 2006 bis 2012 EZB-Chefvolkswirt und Mitglied im Direktorium, und Nout Wellink, 1997 bis 2011 Präsident der Nederlandsche Bank. Nicht unterzeichnet, sich mit dem Inhalt des Memorandums aber einverstanden erklärt haben die ehemaligen Gouverneure der französischen Nationalbank Jacques de Larosière und Christian Noyer.In dem Dokument weisen die Unterzeichner darauf hin, dass eine Deflationsgefahr, mit der die EZB 2014 ihren Einstieg in die ultralockere Geldpolitik begründete, nie bestanden hat. Sie kritisieren, dass die Niedrigzinsen schwache Banken und indirekt so auch schwache Unternehmen künstlich am Leben erhalten, was zur “Zombifizierung” der Wirtschaft führen könnte. Der Verdacht, dass hinter dieser Maßnahme die Absicht stehe, hoch verschuldete Regierungen vor einem Zinsanstieg zu schützen, werde zunehmend begründet.”Die Umverteilungseffekte zugunsten der Eigentümer von Immobilien führen zu gravierenden sozialen Spannungen”, warnen die ehemaligen Notenbanker. Zumal sich die junge Generation der Möglichkeit beraubt sieht, durch sichere verzinsliche Anlagen für ihr Alter zu sorgen. “Wie anderen Zentralbanken auch droht der EZB das Ende ihrer Kontrolle über die Geldschöpfung. Diese Entwicklungen bergen ein hohes Risiko für die Unabhängigkeit der Zentralbank – de jure oder de facto”, endet das zweiseitige Memorandum. Die EZB lehnte einen Kommentar zu dem Papier ab.