"Exit" der EZB noch überhaupt nicht absehbar

UBS-Volkswirte verweisen auf Probleme in der Euro-Peripherie und auf die kritische Lage Frankreichs

"Exit" der EZB noch überhaupt nicht absehbar

lz Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) kommt nach Meinung der UBS Investmentbank immer tiefer in die Bredouille, je länger die Euro-Krise anhält. Reinhard Cluse und Martin Lück, die für den Euroraum bzw. speziell Deutschland und Italien zuständigen Ökonomen der Bank, zeigen sich skeptisch, dass eine weitere Zinssenkung oder andere unkonventionelle Maßnahmen der Notenbank die Volkswirtschaften in der Euro-Peripherie befähigen würden, ihren Unternehmen mehr Kreditvolumen bereitzustellen. Dabei wird der Kreditmangel inzwischen als wesentlicher Hemmschuh für eine Gesundung der Wirtschaft in den Ländern angesehen.Eine Zinssenkung um 25 Basispunkte hätte “allenfalls nur Signalcharakter”, betonte Cluse bei einem Pressegespräch. Und eine direkte Darlehensvergabe nach dem Vorbild der “KfW-Kredite” sei nur durch die nationale Politik zu machen. Insofern müsse die EZB den Problemen bei der Transmission ihrer Geldpolitik tatenlos zusehen. Dass sich hinter den Kulissen der Notenbank Nervosität breitmacht, zeigen nach Meinung von Cluse die verstärkten Hinweise auf eine mögliche Zinssenkung.Größere Schwierigkeiten bahnen sich nach Ansicht der beiden Volkswirte in den großen Euro-Ländern Frankreich und Italien an. In beiden Staaten breche die Industrieproduktion ein (s. Grafik), es zeigten sich keine Signale für eine Aufhellung der Konjunktur, und auch die Politik verunsichere derzeit mehr die Konsumenten und Investoren, als dass sie tatkräftig daran arbeiten würde, die Lage der Länder zu bessern.Cluse sprach mit Blick auf die Lage Frankreichs von einem “absolut besorgniserregenden Zustand”. Zwar stehe Paris noch nicht am Abgrund, aber wenn die Regierung nicht bald ihre Hausaufgaben mache, werde das noch vorhandene Vertrauen der Anleger abbröckeln. Lück verwies auf die unklare politische Lage in Italien. Zwar sei die volkswirtschaftliche Basis stark, die Banken seien robust und es sei keine Blase an den Märkten geplatzt, doch wenn die Politik keinen Mut zur Deregulierung zeige und weiter miteinander streite, werde das Land “an die Wand gefahren”.Vor diesem Hintergrund ist nach Meinung von Cluse und Lück noch überhaupt nicht absehbar, dass die EZB schon bald den Exit aus den unkonventionellen Maßnahmen planen kann. Sie werde noch “auf Jahre stark gefordert” sein. Zumal ein Instrument bislang noch gar nicht aktiviert worden ist: die Outright Monetary Transactions (OMT), die von der EZB im Falle einer sich verschärfenden Krise angebotenen unlimitierten Aufkäufe von Staatsanleihen. Länder, die um sie ersuchen, müssen sich der Kontrolle des Euro-Rettungsfonds (ESM) unterwerfen.Allerdings, so Cluse, sind diese Geschäfte auch äußerst riskant. Denn wie stehe die EZB da, wenn ein Land sich zunächst den Kontrollen unterwerfe, die EZB Anleihen kaufe, das Land sich aber dann nicht imstande sehe, die Auflagen zu erfüllen. Werde die Notenbank dann den Geldhahn zudrehen und eine dramatische Verschärfung der Krise zulassen? Oder nehme sie das hin, verliere aber dann rapide jedwede Glaubwürdigkeit?