Export boomt, Produktion lahmt

Trotz rekordhoher Ausfuhren erwarten Volkswirte für Deutschland nur geringes BIP-Wachstum

Export boomt, Produktion lahmt

Rekordhohe Ausfuhren im September haben die Rezessionssorgen in Deutschland gemindert. Auf der anderen Seite blieb die Expansion der Industrieproduktion in diesem Monat hinter den Erwartungen zurück, was etwaige Hoffnungen auf eine Beschleunigung der gesamtwirtschaftlichen Aktivität bremste.ks Frankfurt – Im September hat Deutschland Waren im Wert von 102,5 Mrd. Euro ausgeführt. Dies teilte das Statistische Bundesamt (Destatis) mit. Damit wurde der bisherige Höchstwert vom Juli 2014 (101,1 Mrd. Euro) übertroffen. Eingeführt wurden nach Deutschland im Berichtsmonat Waren für 80,6 Mrd. Euro. Gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat bedeutet dies Steigerungen um 8,5 % bzw. 8,4 %.Kalender- und saisonbereinigt nahmen die Ausfuhren gegenüber August um 5,5 % und die Einfuhren um 5,4 % zu. Zusammen mit den Exportüberschüssen der beiden Vormonate ergibt sich somit für das dritte Quartal ein saisonbereinigter Aktivsaldo in der Warenhandelsbilanz von 58,0 Mrd. Euro, der deutlich über den 52,4 Mrd. Euro liegt, die für das Vorquartal errechnet wurden.Unbereinigt ergab sich für die Handelsbilanz im September ein Überschuss von 21,9 Mrd. Euro, nach einem positiven Saldo von 20,1 Mrd. ein Jahr zuvor. Der Überschuss in der Leistungsbilanz stieg dadurch von 19,0 Mrd. auf 22,3 Mrd. Euro.Neben den deutlich gestiegenen Ausfuhren in die EU-Länder, allerdings überwiegend außerhalb der Eurozone erzielt, “haben diesmal auch die Märkte in den Schwellenländern zu dem kräftigen Anstieg beigetragen”, erläuterte der Bundesverband Großhandel, Außenhandel, Dienstleistungen (BGA) die jüngste Entwicklung des deutschen Außenhandels. Insgesamt sei die Situation jedoch noch zu unbeständig, um von einem positiven Trend im Außenhandel zu sprechen, sagte BGA-Präsident Anton F. Börner: “Dies gilt insbesondere mit Blick auf die aktuellen internationalen Krisen.”Sorge bereitet dem BGA die immer schlechtere Infrastruktur in Deutschland, die zunehmend den Handel bremsen könnte. “Die jüngste Steuerschätzung zeigt, dass die Einnahmen des Staates weiter steigen, wenn auch nicht mehr ganz so stark wie bislang angenommen”, betonte Börner. Daher seien die 6,4 Mrd. Euro weniger Steuereinnahmen kein Hindernis für überfällige Investitionen in die Infrastruktur, eine Grundvoraussetzung für den reibungslosen Handel mit Gütern. “Dafür darf und muss auch nicht am Kurs der seriösen Haushaltspolitik gerüttelt werden”, so der BGA-Chef.An der derzeitigen Konjunkturflaute in Deutschland werden die Berliner Pläne aber nichts mehr ändern, da sie erst von 2016 an umgesetzt werden sollen (vgl. BZ vom 7. November). Dem jüngsten Exportboom steht eine in der Tendenz nach unten gerichtete Entwicklung des gesamten deutschen Industrieausstoßes gegenüber. So wurde zwar der Ausstoß des produzierenden Gewerbes den weiteren Destatis-Angaben zufolge im September gegenüber dem Vormonat um preis-, saison- und arbeitstäglich bereinigt 1,4 % ausgeweitet. Dies war aber spürbar weniger als die 2,0 %, die Bankenvolkswirte im Konsens prognostiziert hatten. Zudem war der Output im August um revidiert 3,1 (ursprünglich gemeldet: 4,0) % eingebrochen.Das Monatsplus im September speist sich zum einen aus einer um 1,7 % höheren Ausbringung des verarbeitenden Gewerbes und einer um 2,4 % größeren Energiegewinnung. Das Baugewerbe hingegen stellte um 1,2 % erneut weniger her.Im dritten Quartal sank die Fertigung des produzierenden Gewerbes um 0,4 % unter das Niveau der Vorperiode. Der hohe Außenbeitrag zum deutschen Bruttoinlandsprodukt (BIP) sollte nach Ansicht von Volkswirten aber ausreichen, um dem Schrumpfen des BIP im zweiten Quartal, um 0,2 %, im Zeitraum Juli bis September ein BIP-Plus von 0,1 % gegenüber der Vorperiode folgen zu lassen. Eine erste BIP-Schätzung gibt Destatis am Freitag ab.—– Wertberichtigt Seite 6