rec Frankfurt – Die Europäische Zentralbank (EZB) weicht in der Coronakrise ihre Standards für die Kreditvergabe weiter auf. Übergangsweise akzeptiert sie bei Refinanzierungsgeschäften mit Banken auch solche Wertpapiere als Sicherheiten, die im Zuge der Pandemie auf Ramschstatus herabgestuft werden. Das teilte die Notenbank am späten Mittwochabend mit. Sie folgt damit einer Entscheidung der US-Notenbank Fed aus der Vorwoche. Mit diesem Schritt wolle man präventiv “einem möglichen Mangel an Sicherheiten vorbeugen” und eine Kreditklemme verhindern, schrieben EZB-Vizepräsident Luis de Guindos und Direktoriumsmitglied Isabel Schnabel in einem Blogeintrag auf der EZB-Homepage.Hintergrund ist die Sorge, die großen Ratingagenturen könnten im Zuge der Krise reihenweise die Bonität von Unternehmen und Staaten in der Eurozone herabstufen. Besonderes Augenmerk liegt auf Italien, das die EZB bereits mit überproportionalen Anleihekäufen über das Mitte März gestartete Notkaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) stützt. Heute urteilt Standard & Poor’s über Italiens Kreditwürdigkeit, am 8. Mai folgt Moody’s. Italien ist nur noch zwei Stufen (Fitch) bzw. eine Stufe (Moody’s) von Ramsch entfernt. Verliert ein Land oder ein Unternehmen sein “Investment Grade”, war es bislang von den Anleihekäufen der EZB und vom Sicherheitenrahmen ausgeschlossen.Für Anleihekäufe gilt das nach wie vor, in Bezug auf Sicherheiten ist die Lage anders. Mit dem Beschluss vom Mittwoch weitet die EZB eine Reihe von Lockerungen aus, auf die sich der EZB-Rat am 7. April verständigt hat. Sie gelten bis September 2021. Konkret erhalten Geschäftsbanken Zugang zu Liquidität auch für Anleihen, die bei allen vier großen Ratingagenturen unter die bisherigen Mindestanforderungen an die Bonität rutschen. Die Regelungen für sogenannte Fallen Angels gelten rückwirkend ab 7. April. Voraussetzung ist ein Mindestrating von “BB”. Darunter werden Abschläge auf die Kreditqualität (Haircuts) fällig. Ausgenommen sind mit Forderungen besicherte Wertpapiere (ABS). Weitere Maßnahmen seien möglich, um die Transmission der Geldpolitik sicherzustellen, teilte die EZB mit.”Die EZB hat in der Krise schon viele Dinge beschlossen, die vorher undenkbar waren”, sagte Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer. Beobachter rechnen damit, dass die Notenbank nachlegen wird.