EZB attackiert Politiker in Euro-Krisenstaaten

Asmussen mahnt: Bürger nicht in die Irre führen

EZB attackiert Politiker in Euro-Krisenstaaten

ms Frankfurt – In der Debatte um den Spar- und Reformkurs in der Eurozone hat EZB-Direktoriumsmitglied Jörg Asmussen die Politiker in den Krisenländern harsch kritisiert. Er warf ihnen vor, den Bürgern mitunter vorzumachen, es gebe einfachere Lösungen für die Krise als den Weg der harten Konsolidierung und der Strukturreformen. Das wiederum untergrabe die Bereitschaft in den Ländern, den Weg mitzugehen, sagte Asmussen gestern in London.Der Notenbanker zeigte sich überzeugt, dass die Menschen “eine Zeit der Entbehrungen akzeptieren können, wenn das nötig ist”. Der zunehmende Widerstand gegen den Reformkurs resultiere vielmehr daraus, dass ihnen einige einredeten, es gebe bessere Alternativen, die aber von anderen abgelehnt würden. Die Politiker müssten “der Versuchung widerstehen, anderen die Schuld zuzuschieben für Probleme, die zu Hause liegen”, sagte er.Die anhaltende Rezession im Euroraum und die wütenden Proteste der Bevölkerung in einigen Krisenländern haben eine Debatte ausgelöst, ob der bisherige Kurs, der geprägt ist durch Sparen und Reformen, taugt oder ob es einen Kurswechsel braucht. Allen voran Politiker in den Krisenländern fordern primär eine Abkehr vom rigiden Sparkurs.Vor diesem Hintergrund haben auch erneut Forderungen an die Europäische Zentralbank (EZB) zugenommen, mehr zu tun. Tatsächlich erscheint es zunehmend als wahrscheinlich, dass sie ihren Leitzins Anfang Mai erneut senkt. Aktuell liegt er bei 0,75 %. Im EZB-Rat gibt es aber einige, die frustriert sind über den nachlassenden Reformeifer der Politik und nicht erneut als Ausputzer herhalten wollen.Laut Redetext verwies Asmussen konkret auf die Debatte, dass der Sparkurs gescheitert sei, und auf Meinungen, die Fiskalpolitik müsse nur gelockert werden, damit das Wachstum zurückkehre. “Das mag auf den ersten Blick attraktiv klingen, aber die Konsolidierung zu verschieben, ist nicht umsonst.” Werde sie vertagt, bedeute das höhere Schulden. Es bestehe die Gefahr, dass die Märkte erneut das Vertrauen verlieren und sie einzelnen Ländern kein Geld mehr leihen. Und selbst wenn, stiegen die Zinslasten in den Haushalten und es werde mehr Sparbedarf auf künftige Generationen abgeladen, so Asmussen.Ähnliches gelte auch bei den Strukturreformen. “Im Grunde würde man nur das Unvermeidbare aufschieben”, sagte er. Das Wachstumsmodell vieler Euro-Länder habe in der Vergangenheit auf immer höheren Staatsausgaben oder Booms in einzelnen Sektoren beruht. Das sei aber nun vorbei. Die Länder müssten wieder wettbewerbsfähig werden.Asmussen dämpfte Erwartungen auf eine schnelle Lösung. Die Eurozone stecke in einem “Jahrzehnt der Anpassung”. Als eine zentrale Aufgabe im Moment nannte er, die Kreditvergabe wieder ins Laufen zu bringen. Er pochte in dem Kontext darauf, die Bankbilanzen schnell zu bereinigen, weil das helfe, dass die Banken wieder Geld für Kredit haben.Erneut stemmte er sich gegen überzogene Erwartungen an die EZB, dass sie etwa in großem Stil Wertpapiere aufkaufen könnte. Die EZB müsse ihr Mandat respektieren und im Vergleich zu den USA würde ein solcher Schritt im Euroraum wegen anderer Wirtschaftsstrukturen weniger bringen. Er äußerte sich auch erneut skeptisch zu einer Zinssenkung. In der “Financial Times” machte auch Asmussens Kollege Yves Mersch deutlich, dass die Geldpolitik allein nicht “Europas Krankheiten” heilen könne.