EZB-Chefin lehnt Schuldenerlass strikt ab
ms Frankfurt – EZB-Präsidentin Christine Lagarde hat Forderungen aus Italien nach einem Schuldenerlass durch die Europäische Zentralbank (EZB) eine klare Absage erteilt. Bei einer virtuellen Anhörung im Wirtschafts- und Währungsausschuss des EU-Parlaments verwies Lagarde gestern angesichts entsprechender Fragen und Forderungen seitens italienischer Abgeordneter auf den EU-Vertrag, der in Artikel 123 monetäre Staatsfinanzierung verbietet. “Ich respektiere die Verträge. Punkt”, sagte Lagarde beispielsweise in Richtung des Abgeordneten Marco Zanni von der rechten Lega.In den vergangenen Tagen hatte es Forderungen aus Italien gegeben, die EZB solle zumindest einen Teil der italienischen Schulden, die sie infolge ihrer breiten Staatsanleihekäufe auf den Büchern hält, streichen (vgl. BZ vom 19. November). Dafür hatte sich nicht nur die mitregierende 5-Sterne-Bewegung starkgemacht, sondern auch der Präsident des EU-Parlaments, der Italiener David Sassoli. Sassoli nannte einen solchen Schuldenerlass eine “interessante Arbeitshypothese”.Vielen Beobachtern gelten die in der Coronakrise stark gestiegenen Staatsschulden Italiens, aber auch jene anderer Euro-Krisenländer als nicht dauerhaft tragfähig. Der Blick richtet sich dabei immer wieder auch auf Möglichkeiten der EZB. Am Montag hatte indes bereits EZB-Vizepräsident Luis de Guindos Überlegungen über einen Schuldenerlass durch die Notenbank zurückgewiesen und auf das Verbot der monetären Staatsfinanzierung im EU-Vertrag verwiesen. Das untermauerte Lagarde nun.Lagarde betonte bei der Anhörung gestern auch, dass aus ihrer Sicht das Corona-Notfallanleihekaufprogramm PEPP (Pandemic Emergency Purchase Programme) nicht gegen das Verbot der monetären Staatsfinanzierung verstoße. Kritiker vor allem in Deutschland erheben diesen Vorwurf, weil der EZB-Rat mit PEPP auch unverblümt darauf abzielt, Krisenländer wie Italien vor dem finanziellen Kollaps zu bewahren. Das 1,35 Bill. Euro schwere Programm sei in einer “außergewöhnlichen Situation” aufgelegt worden und explizit gezielt und temporär, sagte Lagarde gestern. Die große Flexibilität sei angesichts der Schwere der Krise angemessen gewesen.Auf eine entsprechende Frage unterstrich Lagarde zudem, dass die EZB weder in die Pleite rutschen, noch dass ihr das Geld ausgehen könne. Dies gelte selbst dann, wenn sie mit den Billionen schweren Anleihekäufen Verluste mache. “Als der einzige Herausgeber von Zentralbankgeld in Euro wird das Eurosystem immer in der Lage sein, wenn erforderlich, zusätzliche Liquidität zu schaffen”, sagte sie. “Darüber hinaus würden jedwede finanziellen Verluste, sollten sie eintreten, nicht unsere Fähigkeit beeinträchtigen, Preisstabilität anzustreben und zu sichern.” Starke Reaktion im DezemberLagarde bekräftigte zudem die Bereitschaft des EZB-Rats, bei der Sitzung am 10. Dezember die bereits ultraexpansive Geldpolitik noch einmal zu lockern. Sie stellte dabei explizit eine kraftvolle Reaktion in Aussicht. Auf die erste Coronawelle im Frühjahr habe die Notenbank schnell und kraftvoll reagiert. Dieses Vorgehen sei sehr erfolgreich gewesen. “Wir werden die aktuelle Phase der Krise mit demselben Ansatz und derselben Entschlossenheit angehen”, kündigte Lagarde an. Sie wiederholte, dass generell alle Optionen zur Verfügung stünden. Allerdings seien die PEPP-Käufe und die langfristigen Billigkredite für die Banken (TLTRO) im aktuellen Umfeld wirksam gewesen. Diese könnten “dynamisch” angepasst werden.